Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kündigt nach dem mutmaßlich islamistisch motivierten Messeranschlag von Solingen eine schnelle Verschärfung des Waffenrechts an. „Alles, was in unserer Macht liegt, was in unseren Möglichkeiten liegt, muss auch getan werden“, sagte Scholz am Montag bei einem Besuch in der Stadt. Das gelte insbesondere für den Einsatz von Messern als Waffen.
Der Kanzler sprach von „Terrorismus gegen uns alle“. Er sei wütend und zornig über die Tat. „Sie muss schnell und hart bestraft werden“, sagte Scholz. Sein Zorn gelte den „Islamisten, die das friedliche Zusammenleben bedrohen“.
Zu möglichen Asylrechtsverschärfungen äußerte sich der Kanzler zurückhaltend. Scholz verwies auf die jüngsten Beschlüsse, um die Zahl von Abschiebungen zu erhöhen. Er betonte, dass der Vollzug konsequent erfolgen müsse. „Notfalls“ müsse es auch weitere Rechtsänderungen geben.
Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte in Berlin, im Fall Solingen habe man es nicht mit rechtlichen Schwierigkeiten, sondern mit Umsetzungsproblemen zu tun. Er bestätigte, dass der Tatverdächtige, der aus Syrien nach Deutschland gekommen war, eigentlich nach Bulgarien hätte überstellt werden können.
Die Forderung nach einem Aufnahmestopp für Flüchtlinge wies Hebestreit zurück. Es gebe verfassungsrechtliche Grundsätze, die man nicht über Bord werfen könne. Ein Aufnahmestopp würde gegen das Grundgesetz und die EU-Menschenrechtskonvention verstoßen. Das seien zentrale Errungenschaften und etwas, „an das niemand ernsthaft herangehen will“, sagte er.
Wie das Waffenrecht konkret verschärft werden soll, blieb am Montag in Berlin zunächst offen. Eine Sprecherin des Bundesjustizministeriums sagte, über ein Paket werde nun beraten. Zu genauen Inhalten werde man sich danach äußern.
Der Kanzler war an den Anschlagsort gereist, um gemeinsam mit dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Hendrik Wüst (CDU), dessen Stellvertreterin Mona Neubaur (Grüne), Landesinnenminister Herbert Reul (CDU) und Oberbürgermeister Tim Kurzbach (SPD) der Opfer zu gedenken sowie mit Einsatzkräften zu sprechen. Beim „Fest der Vielfalt“ zum 650. Solinger Stadtjubiläum hatte ein Mann am Freitagabend mit einem Messer auf Besucherinnen und Besucher eingestochen. Drei Menschen wurden getötet und acht verletzt.
Der mutmaßliche Attentäter Issa Al H. wurde am Samstagabend festgenommen und sitzt in Untersuchungshaft. Dem 26-jährigen Syrer wird unter anderem die Mitgliedschaft in der islamistischen Terrororganisation IS vorgeworfen. Er soll sich seiner Abschiebung entzogen haben.
Ministerpräsident Wüst sagte am Montag in Solingen, dass die Menschen zurecht politische Antworten erwarteten. „Ankündigungen alleine werden nicht reichen. Es müssen Taten folgen.“ Es müsse möglich werden, mindestens in Teile Syriens und nach Afghanistan abzuschieben, sagte der CDU-Politiker. Er wisse, dass dies nicht einfach sei. Dazu brauche es eine neue Lagebewertung des Auswärtigen Amtes. Mit Blick auf Terror betonte Wüst, dass dies eine Herausforderung für die Bundesrepublik und alle freien Gesellschaften sei. „Diese freie Gesellschaft lässt sich nicht niederringen“, unterstrich er.
Zusammen mit Oberbürgermeister Kurzbach mahnte Wüst dazu, der Stadt Solingen nach der Tat Ruhe zu gönnen. Er sprach von Versuchen der Instrumentalisierung der Tat, und die Stadt „zur Bühne zu machen von aggressiven politischen Kundgebungen“. „Ich kann nur jedem dringend raten: Bleibt hier weg, lasst die Menschen in Ruhe, lasst diese Stadt in Ruhe“, sagte er. „Wer es gut meint mit den Menschen, der lässt sie jetzt ein Stück auch zur Ruhe kommen und ihre sichtbaren, aber auch die unsichtbaren Wunden heilen.“
Oberbürgermeister Kurzbach ergänzte, dass die Einsatzkräfte alles – auch über das normale Maß hinaus – getan hätten. Umso wichtiger sei es jetzt, sie zur Ruhe kommen zu lassen. Denn diese Einsatzkräfte seien auch wieder gefordert, sollten in der Stadt Kundgebungen angemeldet werden, betonte er.
„Führt die Debatten, aber führt sie gerne auch in euren Städten“, sagte Kurzbach. „Es geht nicht nur um Solingen. Es geht um unser Land.“ Deswegen müssten die Debatten bundesweit geführt werden. „Wir sind noch lange nicht durch mit dem Schrecken der Ereignisse“, erklärte der SPD-Politiker. „Wir versuchen, in eine neue Woche zu starten.“ Viele Menschen realisierten erst heute, was alles passiert sei.