Artikel teilen

Scheidender Missionsdirektor Thiel kritisiert Visapraxis

Eine nicht nachvollziehbare Praxis bei der Erteilung von Aufenthaltsvisa für Deutschland erschwert nach Ansicht des scheidenden niedersächsischen Missionsdirektors Michael Thiel den Austausch mit den weltweiten Partnerkirchen. „Die Missionswerke in Deutschland appellieren da immer wieder an die Politik“, sagte der Direktor des Evangelisch-lutherischen Missionswerkes im Niedersachsen im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst. Das Missionswerk mit Sitz in Hermannsburg hält Kontakte zu mehr als 20 Kirchen unter anderem in afrikanischen Ländern, Lateinamerika oder Indien. Es vermittelt auch Freiwillige aus südlichen Ländern für einen Dienst in Sozialeinrichtungen in Deutschland.

Es komme vor, dass zwei Freiwillige zum Interview in der deutschen Botschaft ihres Landes eingeladen sind und nur einer ein Visum bekomme. „Dabei haben für beide gleichermaßen zum Beispiel garantiert, dass wir die Kosten ihres Aufenthaltes übernehmen“, sagte Thiel. Ein Hintergrund könnte sein, dass deutsche Behörden fürchteten, Menschen wollten über diesen Weg dauerhaft ins Land gelangen.

Aber auch in die andere Richtung sei eine Einreise in manche Länder mit Partnerkirchen schwerer geworden, erläuterte Thiel, der nach knapp zehn Jahren an der Spitze des Missionswerkes Ende September in den Ruhestand geht. Das gelte zum Beispiel für Indien mit seiner hindunationalistischen Regierungspartei. In dem Land seien Christen wie Muslime unter Druck. Auch nach Südafrika könnten deutsche Missionare nicht einfach einreisen und dort arbeiten. In dem Land herrsche hohe Arbeitslosigkeit. „Man muss dem Staat erst einmal nachweisen, dass diese Arbeit nicht auch von Einheimischen gemacht werden kann.“

Das Missionswerk war 1849 von dem evangelischen Pastor Ludwig Harms in der Lüneburger Heide gegründet worden. Er bildete an einem Missionsseminar Missionare aus, die zunächst in Südafrika tätig waren. Seit Anfang der 1990er-Jahre wurden am Seminar in Hermannsburg auch Missionarinnen ausgebildet. Heute habe sich das Verständnis von Mission grundlegend gewandelt, sagte Thiel. Damals habe es kaum Christen unter der indigenen Bevölkerung in afrikanischen Ländern gegeben. „Heute haben wir dort eigenständige und selbstbewusste Partnerkirchen.“

So entsende das Missionswerk auch nur im Einzelfall noch Personal ins Ausland. Stattdessen finanziere es Projekte der Partnerkirchen, zum Beispiel in der Friedensarbeit oder der Betreuung sogenannter Aids-Waisen. „Wir bezahlen inzwischen über unsere Projektfinanzierung in unseren Partnerkirchen ungefähr 100 Menschen ganz oder teilweise.“