Beim Ausbau der Kita-Plätze im Saarland sieht sich die saarländische Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot (SPD) auf dem „richtigen Weg“. „Wir haben in den vergangenen Jahren sehr viel in die frühkindliche Bildung und Betreuung investiert“, sagte sie am Dienstag in Saarbrücken. Nach Berechnungen der Bertelsmann Stiftung fehlen im Saarland 6.700 Kita-Plätze. Die Arbeitskammer des Saarlandes fordert mehr Investitionen in Infrastruktur und Personal.
In den vergangenen Jahren sei die Kinderbetreuung im kleinsten Flächenbundesland durchaus ausgebaut worden – mit mehr Plätzen und einer besseren Personalausstattung, heißt es im „Länderreport Frühkindliche Bildungssysteme 2023“ der Bertelsmann Stiftung. Es gebe allerdings weiterhin „erhebliche Reformbedarfe bei der frühkindlichen Bildung“. Für das Ländermonitoring und den „Fachkräfte-Radar für KiTa und Grundschule“ wertete die Stiftung nach eigenen Angaben amtliche Statistiken des Bundes und der Länder aus. Die Datenbasis stammt aus dem Jahr 2022.
Die saarländische Bildungsministerin Streichert-Clivot betonte „signifikante Fortschritte“ – vor allem für Kinder unter drei Jahren. „Unsere bedarfsgerechten Betreuungsangebote mit Betreuungszeiten von über 45 Stunden pro Woche werden von den Familien intensiv genutzt: 83 Prozent der unter Dreijährigen und 61 Prozent der Kinder ab drei Jahren werden über 45 Stunden pro Woche betreut“, sagte sie. Das Saarland sei Spitzenreiter in diesem Betreuungsmodell.
Die Bertelsmann Stiftung verwies vor allem auf den Wunsch von Eltern nach einem Betreuungsplatz und dem Betreuungsschlüssel. Demnach liegt die Betreuungsquote der unter dreijährigen Kinder bei 32 Prozent (Bund: 36 Prozent), während sich jedoch 53 Prozent der Eltern eine Betreuung wünschten. Bei den Kindern ab drei Jahren träfen der Eltern-Bedarf von 95 Prozent auf eine Betreuungsquote von 89 Prozent (Bund: 92 Prozent).
Für Krippengruppen empfehlen die Stiftungsexpertinnen drei Kinder pro vollzeitbeschäftigter Fachkraft – im Saarland werde dieser Wert rechnerisch mit 3,8 Kindern überschritten. In Kindergartengruppen plädiert die Stiftung für einen Personalschlüssel von 1 zu 7,5. Im kleinsten Flächenbundesland werde dieser Wert aber mit 9,6 Kindern pro Fachkraft überschritten.
„Wenn eine Fachkraft für mehr Kinder verantwortlich ist als wissenschaftlich empfohlen, leidet darunter die Qualität der pädagogischen Praxis“, betonte die Stiftungsexpertin für frühkindliche Bildung, Kathrin Bock-Famulla. „Es ist davon auszugehen, dass die Kitas im Saarland aktuell ihren Bildungsauftrag für die Mehrheit der Kinder nicht erfüllen können.“ Dadurch, dass administrative Aufgaben und Fehltage berücksichtigt werden müssten, stünden nur zwei Drittel der Arbeitszeit für die Bildung und Betreuung zur Verfügung, wodurch sich der Betreuungsschlüssel verschlechtere.
Die Bertelsmann-Stiftung plädiert für „deutlich mehr Personal“. So geht ihr „Fachkräfte-Radar“ davon aus, dass bis zum Jahr 2025 insgesamt 1.600 Fachkräfte fehlen, um den Betreuungsbedarf der Eltern zu erfüllen. „Um den enormen Personalmangel bereits jetzt abzufedern, müssten die vorhandenen Fachkräfte von nicht-pädagogischen Aufgaben entlastet werden, zum Beispiel durch Mitarbeitende in der Verwaltung und Hauswirtschaft“, erklärte die Stiftung. Quereinsteiger seien ebenso wichtig.
Die Arbeitskammer des Saarlandes bezeichnete die Situation in den saarländischen Kitas als „stark angespannt“. Für kurzfristige Verbesserungen brauche es unmittelbare Lösungen. „Etwa indem das pädagogische Fachpersonal durch noch mehr Hauswirtschaftskräfte unterstützt wird als bereits im Saarländischen Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsgesetz (SBEBG) vorgesehen“, erklärte die Kammer. „Hierzu muss schnellstmöglich der Anteil der Hauswirtschaftskräfte pro Einrichtung erhöht werden.“