Frankfurt a.M. (epd). Mit seiner bloßen Präsenz und seiner unterkühlten Spielweise prägte er zahlreiche Hollywood-Filme: Robert Mitchum (1917-1997) war der Star in Klassikern wie «Fluss ohne Wiederkehr» oder «Goldenes Gift».
In Hollywood fiel er allerdings aus dem Rahmen mit seiner ironischen, selbstkritischen Art, der nüchternen Einstellung gegenüber der Schauspielerei. «NAR»: No Acting Required – Spielen nicht erforderlich, notierte er schon mal bei Dreharbeiten auf dem Skript.
Dennoch wirkte seine zurückgenommene Darstellung glaubwürdig, ließ Gefühle erahnen, die den Zuschauer bewegten. Vor 100 Jahren, am 6. August 1917, wurde Mitchum geboren.
Anders als manch prominenter Kollege verkörperte er gern auch negative Helden, etwa den mordenden Wanderprediger in «Die Nacht des Jägers» (1955), den rachsüchtigen Ex-Knacki in «Ein Köder für die Bestie» (1962) oder den trunksüchtigen Sheriff in dem Western «El Dorado» (1967).
Geboren in Bridgeport im US-Bundesstaat Connecticut wurde Robert Mitchum mit knapp zwei Jahren Halbwaise. Sein Vater, ein Gleisarbeiter, kam durch einen Unfall auf dem Güterbahnhof ums Leben. Bei Mutter und Stiefvater war er unglücklich, riss als Jugendlicher von Zuhause aus, schlug sich irgendwie durch, wurde verhaftet und eine Weile zur Arbeit als Kettensträfling verurteilt.
Später versuchte der athletische junge Mann sich als Boxer, arbeitete als Rausschmeißer in Nachtclubs und stand schließlich bei der Flugzeugfirma Lockheed in Santa Barbara am Fließband. Hier begegnete er Dorothy Clements Spence. Die beiden heiraten 1940 und bleiben bis zu Mitchums Tod zusammen.
Er probierte die Schauspielerei einfach aus
Robert Mitchum träumte nicht von einer Filmkarriere – er probierte die Schauspielerei einfach aus, wie so vieles zuvor. «Ich habe drei Ausdrucksformen drauf: nach links schauen, nach rechts und geradeaus» lautete einer seiner Sprüche. Ein Amateurtheater in Long Beach war seine Probebühne, ab 1942 folgten erste Filmauftritte, noch unter dem Namen Bob Mitchum.
Schon drei Jahre später erspielte er sich in William A. Wellmans Kriegsdrama «Schlachtgewitter am Monte Cassino» eine Oscar-Nominierung als bester Nebendarsteller. Zum Star wurde Mitchum dann mit «Goldenes Gift» (1947) von Jacques Tourneur: Die düsteren Schwarzweiß-Dramen des «Film Noir» passten perfekt zu dem schweigsamen, ein wenig schwermütig schauenden Schauspieler.
In «Die Nacht des Jägers» von Charles Laughton spielt Mitchum meisterhaft den psychopathischen Mörder Harry Powell, der vor nichts zurückschreckt, um an das Geld zu gelangen, das ein toter Ex-Zellengenosse versteckt hat. LOVE und HATE hat Powell sich auf die Fingerknöchel tätowiert, «Liebe» und «Hass». Für diesen Film habe er sich ausnahmsweise richtig angestrengt, sagte der gern tiefstapelnde Mitchum einmal.
Ähnlich beklemmend wirkt er in J. Lee Thompsons «Ein Köder für die Bestie» (1962), in dem er einen Rechtsanwalt (Gregory Peck) terrorisiert, der ihn einst ins Gefängnis brachte. Knapp 30 Jahre später sind Peck und Mitchum dann in «Kap der Angst» (1991), Martin Scorseses großartigem Remake des Thompson-Films, in Nebenrollen zu sehen. Die «Bestie» wird hier von Robert De Niro gespielt, Nick Nolte ist der Gute wie einst Peck.
Robert Mitchum hatte auch eine wenig bekannte musikalische Seite. Im Westernklassiker «Fluss ohne Wiederkehr» ist nicht nur Marilyn Monroe mit Songs zu hören, auch Mitchums tiefe Stimme erklingt. Für den Film «Thunder Road» (1958) komponierte er einen Song im Country-Stil, «The Ballad of Thunder Road», der in die Charts kam. Und nach den Dreharbeiten zu «Der Seemann und die Nonne» (1957) brachte er, von der karibischen Musik begeistert, ein Calypso-Album heraus.
Zu Mitchums späteren Rollen, die in Erinnerung bleiben, gehört ein Typ wie der Privatdetektiv Harry Kilmer in Sydney Pollacks düsterem Thriller «Yakuza» (1974). Hier verstrickt sich der Held in eine Rache- und Schuldgeschichte unter japanischen Gangstern, deren absurd rigoroser Ehrenkodex ihn am Ende einen Finger kostet. Mitchum zeigt in dieser Rolle eine beeindruckende Kombination aus Härte, Empfindsamkeit und schlichter Erschöpfung.
Öffentliche Auftritte versuchte der Star stets zu vermeiden. «Wenn alle dich anstarren … sie kennen dich, du kennst sie nicht, und sie grabschen nach dir – danke, das brauch' ich nicht», sagte er einmal.
Vor 20 Jahren ist er gestorben, am 1. Juli 1997. Auf Mitchums Wunsch gab es keine Trauerfeier. Seine Asche verstreute die Witwe Dorothy auf hoher See