Der Religionswissenschaftler Perry Schmidt-Leukel hat die Wertschätzung des gestorbenen Papst Franziskus für andere Religionen hervorgehoben. Mit seinen Aussagen, dass alle Religionen zu Gott führen würden, sei Franziskus deutlich über die Position des Zweiten Vatikanischen Konzils hinausgegangen, erklärte der Wissenschaftler des Exzellenzclusters Religion und Politik an der Universität Münster am Dienstag. Das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) gilt als Wende im ökumenischen und interreligiösen Dialog.
Papst Franziskus habe noch im September 2024 bei einem interreligiösen Jugendtreffen in Singapur erklärt, es gebe nur einen Gott und die Religionen seien „wie Sprachen, Wege zu Gott“, erläuterte Schmidt-Leukel in seinem Beitrag auf der Internetseite des Exzellenzclusters. Das Konzil habe zwar die Existenz von Elementen des Wahren, Guten und Heiligen in anderen Religionen eingeräumt, zugleich jedoch dem Christentum eine deutliche Überlegenheit zugesprochen.
Einstellungen wie „Meine Religion ist wahr, deine Religion ist falsch“ oder auch „Meine Religion ist wichtiger als deine“ würden beide nach Worten von Papst Franziskus „zu Zerstörung“ führen, erklärte der Religionswissenschaftler. Für ihn habe eine tiefere Wahrheit darin gelegen, dass sich die Unendlichkeit des Göttlichen im Leben der Menschheit nur in einer großen kulturellen wie religiösen Vielfalt widerspiegele. Das sei ein Aufruf, sich offen um das Verständnis von Vielfalt und Andersheit, auch und gerade im Feld der Religion, zu bemühen.
„Franziskus hinterlässt diese Aufgabe den Theologinnen und Theologen aller Religionen“, erklärte der Religionswissenschaftler und Theologe. Das gelte unabhängig davon, ob sein Nachfolger die von ihm eingeschlagene Richtung weiterführen oder, wie schon zuvor Papst Benedikt, erneut umkehren werde.