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Reiseagentur Gottes

Die Reiselustigen, die ab 18. Mai die Sieben-Kirchen-Wallfahrt des Bayerischen Pilgerbüros nach Rom gebucht haben, dürften frohlocken: Sie gehören vielleicht zu den ersten, die den neuen Papst Leo XIV. live bei einer Generalaudienz erleben können. Himmlische Fügungen sind bei der katholischen Reiseagentur, die am Sonntag (18. Mai) mit einem Jubiläumstag in Altötting ihren 100. Geburtstag feiert, gewissermaßen Programm: „Am Ostermontag, als Papst Franziskus gestorben ist, war ich mit 325 Regensburgern in Rom – da haben wir sofort das Programm umgeschmissen, waren auf dem Petersplatz und zwei Tage später am aufgebahrten Sarg“, berichtet Pilgerbüro-Chefin Irmgard Jehle. Möglich machen das Knowhow im Reisebusiness und ein jahrzehntealtes Netzwerk zu Kontaktleuten vor Ort.

Denn mit Rom hat 1925 alles angefangen. Papst Pius XI. hatte damals das erste Heilige Jahr des 20. Jahrhunderts ausgerufen. Der Münchner Priester Johannes Neuhäusler gründete daraufhin das Bayerische Pilgerbüro (bpb), um gläubigen Katholiken die Fahrt in die Ewige Stadt zu ermöglichen. „Geistlichen war es damals verboten, so weltliche Dinge wie Reisen zu organisieren, sie sollten sich auf die Seelsorge konzentrieren“, erklärt Irmgard Jehle. Also übernahmen Profis im Pilgerbüro diesen Job.

Das war auch nötig: Während heutige Rompilger nach sechs Tagen wieder zu Hause sind, dauerte die Reise 1925 für die rund 300 Teilnehmer fast drei Wochen. „Es gab keine Länderabkommen zwischen den Bahngesellschaften, man musste mehrfach umsteigen und zweimal übernachten, zum Beispiel in Padua und Florenz“, berichtet Jehle, die selbst schon seit 50 Jahren als Reiseleiterin beim bpb arbeitet und 2022 die Geschäftsführung übernommen hat. In Rom dann das gleiche Spiel: Busse? Fehlanzeige. Die meisten Wege legte man zu Fuß zurück.

Heute ist das Bayerische Pilgerbüro – ebenso wie der Stuttgarter Anbieter „Biblisch Reisen“, die Liebenzeller Mission, Emmaus-Reisen und die Reisemission Leipzig – eins von rund 3000 Mitgliedern im Deutschen Reiseverband (DRV). Wie groß der Marktanteil christlicher Reisen ist, lässt sich laut DRV-Sprecher Thorsten Schäfer nicht sagen: „Auch andere Anbieter wie Studiosos oder Ikarus haben – in kleinerem Umfang – spirituelle Reisen im Programm.“ Wie „christlich“ die wiederum ausgestaltet seien, lasse sich nicht erfassen. Allgemein erkenne man beim DRV aber in den letzten Jahren bei vielen Mitgliedsunternehmen einen stärkeren Trend zu Pilgerreisen und vergleichbaren Angeboten.

Für das Bayerische Pilgerbüro gehören die „Big Five“ der Heiligen Städte und Wallfahrtsorte – das Heilige Land, Rom, Santiago de Compostela, Lourdes und Fátima – weiterhin zum Kerngeschäft. Aber auch Studienreisen bis nach Brasilien und Vietnam oder Pilgerwanderungen auf den verschiedenen Jakobswegen sind seit den 1970er- und 1990er-Jahren Teil des Programms. 500 Fahrten organisiert das Team jedes Jahr, rund 10.000 Gäste fahren mit. Allen Reisen gemein ist eine christliche Prägung: Glaubensgespräche und religiöse Begegnungen sind fester Bestandteil und werden durch die geistlichen Begleiter – vom Weihbischof bis zum Pfarrer – gefördert.

Den Abwärtstrend der Kirchen spürt man aber auch beim Pilgerbüro: Derzeit könne man „das Kundenlevel konstant halten“, sagt Irmgard Jehle: „Aber viele unserer Reisenden leiden unter der Kirchenkrise.“ Manche seien froh, dass sie sich bei den bpb-Fahrten „nicht verteidigen müssen, dass sie katholisch oder evangelisch sind“. Dabei kämen immer weniger Kunden aus den Kerngemeinden, der Anteil der „Randchristen, die ihren Glauben ohne Gemeindebezug leben“, nehme stetig zu.

Über die konfessionelle Zusammensetzung seiner Kundschaft führt das Pilgerbüro, das sechs bayerischen Diözesen gehört und als gemeinnützige GmbH organisiert ist, nicht Buch. In den Anfangsjahren seien es vermutlich nur Katholiken gewesen, doch eine ökumenische Öffnung präge das Geschäft schon seit vielen Jahren, sagt Jehle: „Wir hatten auch schon muslimische Gäste in Lourdes.“ Unter den Anfragen für die Sonderfahrten gebe es viele evangelische Gemeinden. Insgesamt gehe der Trend zu kleineren, intensiven Gruppen. „Die Großgruppen mit bis zu 1000 Teilnehmern werden sehr selten“, stellt Jehle fest.

Neue Reiseziele erkunden, alte Ziele um neue Aspekte erweitern, das will die Geschäftsführerin auch in Zukunft im Blick behalten. Neu im Programm des Jubiläumsjahrs sei zum Beispiel Fahrrad-Pilgern. Außerdem warte man sehnsüchtig auf Frieden im Heiligen Land: „Sobald die Sicherheit gegeben ist, fahren wir wieder hin.“ Nur wer kurzfristig den neuen Papst aus der Nähe sehen will, hat Pech: Die Romreise im Mai ist längst ausgebucht. (1578/12.05.2025)