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Radrennen Giro d’Italia führt erstmals durch den Vatikan

Es soll eine der letzten Entscheidungen von Papst Franziskus gewesen sein: Der Giro, eines der berühmtesten Radrennen der Welt, passiert zum ersten Mal die Mauern des Vatikans. Und wird dort vom neuen Papst begrüßt.

Das Beste kommt zum Schluss. Davon zumindest sind die Organisatoren der finalen Etappe des diesjährigen Giro d’Italia in Rom überzeugt. Diese werde “für die gesamte Radsportwelt Gelegenheit sein, Papst Franziskus zu huldigen, der sich dieses außergewöhnliche Ereignis sehr gewünscht hat”. So jedenfalls Roms Bürgermeister Roberto Gualtieri bei der Präsentation Ende April. Franziskus’ Nachfolger greift das Vermächtnis auf: Leo XIV. werde die Radsportler am kommenden Sonntag zu Beginn der Schlussetappe der 108. Italien-Rundfahrt begrüßen, teilte der Vatikan am Mittwoch mit.

Gestartet wurde der Giro bereits einmal am Vatikan – 1974 von Papst Paul VI. Den Kirchenstaat aber zu öffnen für die Schlussetappe des Giro, sei eine der letzten Entscheidungen des gestorbenen Papstes gewesen, so Paul Tighe, zweiter Mann der vatikanischen Kultur- und Bildungsbehörde. Die Idee an sich entstand bereits 2021, als die Amateursportler der Athletica Vaticana in den Radsport-Weltverband UCI aufgenommen wurden.

Vollends ins Schwärmen geriet Urbano Cairo, Präsident des Giro-Veranstalters RCS: “Es wird eine unvergessliche Etappe sein, auf der sich Sport und Kultur in einem weltweit einzigartigen Rahmen verbinden werden. Der 1. Juni wird zweifellos ein denkwürdiger Tag.” Am Ostermontag, dem Todestag des Papstes, hatte Italiens Radsportverband als Zeichen der Trauer sämtliche Veranstaltungen abgesagt. Radsport und Papst – zwei unterschiedliche Welten, aus denen Italiener Begeisterung und Nationalstolz beziehen.

Sportlich sind am letzten Tag keine Überraschungen zu erwarten. Die letzte Etappe in und um Rom ist mit 143 Kilometern und 600 Höhenmetern die leichteste der gesamten Italien-Rundfahrt. Nach der Mannschaftspräsentation nahe des Circus Maximus bewegt sich das Fahrerfeld am Forum Romanum vorbei Richtung Vatikan. Dort fahren sie nicht die breite, für Pilger und Touristen reservierte Via della Conciliazione auf den Petersdom zu, sondern nehmen eine mit Roms berüchtigten Sanpietrini gepflasterte Seitenstraße.

Um die Kolonnaden links herum biegt das Peloton gegen 15 Uhr in den Vatikan. Am Petersdom vorbei führt die Route in Serpentinen und im Uhrzeigersinn den 75 Meter hohen Vatikanhügel hinauf, vorbei am Bahnhof, dem Sitz der Vatikan-Gouverneurin sowie dem früheren Altersruhesitz Benedikts XVI. zum Hubschrauberlandeplatz am höchsten Punkt. Von dort geht es über die Vatikanischen Museen und die Päpstliche Akademie der Wissenschaften hinunter an Franziskus’ früherem Wohnsitz Santa Marta vorbei und aus dem Vatikan hinaus.

Auf italienischem Boden beginnt die offizielle Zeitnahme der Schlussetappe. Nach dem Tunnel unter dem Gianicolo-Hügel geht es rechts am Tiberufer entlang Richtung Circus Maximus, Caracalla-Thermen und die mehrspurige Chaussee Cristoforo Colombo nach Ostia am Meer. Nach einer Schleife dort fährt das Feld zurück nach Rom. Nach der alten Stadtmauer beginnt der 9,5 Kilometer lange Rundkurs durch das antike Rom, den die Fahrer acht Mal absolvieren müssen. Herausfordernd sind allenfalls einige Steinkanten als Straßenteiler sowie erhöhte Markierungen, die zumindest theoretisch Bus- und Taxispur von den übrigen trennen.

Da die Gesamtwertung weitgehend feststehen dürfte, wird die Schlussetappe eher eine Sightseeing-Tour durch Rom: Caracalla-Thermen, Palatin-Hügel, Kolosseum, unter den Augen der Kaiserstatuen an Forum Romanum und Kaiserforen vorbei, Piazza Venezia (derzeit allerdings eine einzige Baustelle), Engelsburg, Tiberinsel, Große Synagoge und am Ende der Circus Maximus.

Dort befindet sich auch die Ziellinie. Die gut 300 Meter lange Schlussgerade mit zwischenzeitlich fünf Prozent Steigung dürfte keinem der Sprinter Schwierigkeiten bereiten. Die Aussicht, welche die Sieger auf dem Treppchen genießen können, ist eine Extra-Belohnung: hinunter aufs Oval jener Arena, die einst Stätte gefeierter Wagenrennen war, hinüber zu den Ruinen der antiken Kaiserpaläste auf dem Palatin-Hügel. Die Römer selbst werden an dem Abend ebenfalls ausgiebiger feiern können. Am Montag, 2. Juni, haben sie frei – der “Tag der Republik” ist Feiertag in Italien.