Der neue libanesische Präsident Joseph Aoun hat sich nach der Vereidigung zu seinen politischen Plänen geäußert. Umfassende Reformen, eine schnelle Regierungsbildung und der Schutz der Grenzen stehen an oberster Stelle.
Der am Donnerstag gewählte libanesische Präsident Joseph Aoun hat zahlreiche Reformen, eine rasche Regierungsbildung und ein Zusammenarbeiten mit allen Teilen der libanesischen Gesellschaft angekündigt. “Unsere Pflicht ist es, Staatsfrauen und -männer zu sein, die an die Zukunft unserer jungen Generation denken, an das öffentliche Interesse und nicht an private Interessen”, sagte er laut libanesischen Medien bei seiner ersten Ansprache nach der Vereidigung. Aoun sprach von einer neuen Ära für den Libanon.
Aoun, der am Donnerstag im zweiten Wahlgang mit 99 von 128 Abgeordnetenstimmen zum Nachfolger des Ende Oktober 2022 aus dem Amt geschiedenen Michel Aoun gewählt wurde, versprach eine Öffnung des Landes “nach Osten und Westen und gegenüber der internationalen Gemeinschaft”. Diese werde auf gegenseitigem Respekt, der Souveränität des Libanons und der Entscheidungsfreiheit des Landes basieren. Aoun ist nicht mit seinem Amtsvorgänger verwandt.
Mit Blick auf Israel kündigte Aoun eine Verteidigungsstrategie an, mit der das Land “die israelische Invasion” bekämpfen könne. Das Waffenmonopol des Libanon müsse dabei beim Staat liegen, der wiederum in die Armee investieren müsse, um seine Grenzen schützen, Terrorismus bekämpfen und israelische Aggression auf seinem Territorium verhindern zu können.
Die aktuellen regionalen Veränderungen böten eine historische Chance, mit dem Nachbarland Syrien in den Dialog zu treten, um bestehende Fragen wie jene der Flüchtlinge zu lösen. Er werde sich auch für gute Beziehungen mit den arabischen Ländern einsetzen und dabei eine positive Neutralität des Libanon wahren.
Auf seine politische Prioritätenliste setzte der bisherige Armeechef, der am Freitag 61 Jahre alt wird, den Schutz der Umwelt und von Freiheitsrechten sowie die Investition in Bildung. Dabei werde er keine der verschiedenen libanesischen Gemeinschaften gegenüber einer anderen bevorzugen.
Ferner versprach Aoun eine Weiterentwicklung des libanesischen Wahlgesetzes, das seit vielen Jahren in der Kritik steht. Damit solle eine bessere Repräsentativität erreicht sowie die Machtrotation sichergestellt werden, so Aoun.
Die schiitischen Kräfte im Land hatten ihre Unterstützung laut Medienberichten zunächst dem maronitischen Christen und Vorsitzenden der libanesischen christlichen Marada-Partei, Suleiman Frangieh, zugesichert. Dieser zog seine Kandidatur am Ende zurück.
Joseph Aoun steht seit 2017 an der Spitze der libanesischen Armee. Am Freitag wird er 61 Jahre alt. In der Politik gilt er als Neuling, zugleich aber als bevorzugter Kandidat der USA und Saudi-Arabiens im jahrelangen Ringen um eine neue Staatsspitze für das krisengeschüttelte Land. Als Armeechef war er zuletzt für die Überwachung der Ende November in Kraft getretenen Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz im Südlibanon verantwortlich. Das israelische Außenministerium gratulierte in einer ersten Reaktion zur Wahl Aouns und äußerte die Hoffnung auf eine Besserung der Beziehungen.
Der Präsidentensitz war seit Ablauf der Amtszeit von Präsident Michel Aoun im Oktober 2022 vakant. Zudem wird das Land seit 2022 von einer Interims-Regierung geführt, da bisher keine Regierungsbildung gelang. Mit der Wahl eines neuen Präsidenten können nun auch ein neuer Ministerpräsident sowie ein Kabinett ernannt werden.
Nach dem festgelegten Religionsproporz muss der libanesische Staatspräsident maronitischer Christ sein, der Ministerpräsident Sunnit und der Parlamentspräsident Schiit. Auch der das Amt des Armeechefs ist nach dem libanesischen Nationalpakt maronitischen Christen vorbehalten. Aoun ist der vierte Armeechef Libanons, der Präsident wird.