Der Pianist Igor Levit hat für sein Engagement gegen Antisemitismus, Rassismus und Menschenfeindlichkeit die Buber-Rosenzweig-Medaille 2024 erhalten. Die Auszeichnung des Deutschen Koordinierungsrates für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit wurde dem 36-jährigen in Berlin lebenden Musiker am Sonntag bei der Eröffnung der „Christlich-Jüdischen Zusammenarbeit 2024 – 5784/85“ (ehemals „Woche der Brüderlichkeit“) im Kurfürstlichen Schloss in Mainz verliehen.
„Es sollte nicht nur mein Kampf sein, gegen Antisemitismus aufzustehen. Es ist vor allem ihre Aufgabe“, richtete sich Levit in seiner Dankesrede direkt an die Bürgerinnen und Bürger. Nur wenn alle Menschen zusammenstünden, könne eine demokratische Gesellschaft erhalten bleiben. Er erwarte eine sofortige Reaktion auf antisemitische und rassistische Ausfälle und Lügen, sagte Levit. Nur diese könne glaubwürdig sein.
Der Ausnahmekünstler Levit stehe mit seiner Arbeit exemplarisch für das Jahresmotto „The Sound of Dialogue – Gemeinsam Zukunft bauen“ des Koordinierungsrates, sagte dessen evangelischer Präsident, Pfarrer Friedhelm Pieper, bei der Preisverleihung. Levit sei ein „begnadeter Musiker und aufrechter Streiter gegen Antisemitismus und Rechtsextremismus“. Engagierte Menschen wie er würden angesichts einer unerträglichen Zunahme von Judenfeindschaft gerade jetzt gebraucht.
Levit, der aus einer jüdischen Familie stammt, wurde 1987 im russischen Gorki (jetzt Nischni Nowgorod) geboren. Im Alter von acht Jahren siedelte er mit seiner Familie nach Hannover über. Bereits mit 13 Jahren begann Levit ein Studium für musikalisch Hochbegabte an der dortigen Hochschule für Musik, Theater und Medien. 2019 übernahm er dort eine Professur.
Katharina von Schnurbein, die Antisemitismusbeauftragte der Europäischen Kommission, würdigte Levit in ihrer Laudatio als einen Brückenbauer und überzeugten Europäer.
Die Politikwissenschaftlerin kritisierte eine mangelnde Solidarität mit Juden nach dem Massaker der islamistischen Hamas am 7. Oktober besonders im linken politischen Spektrum, bei Muslimen und in der Mitte der Gesellschaft. Leitfäden für den Umgang mit Antisemitismus in Gesellschaft, Politik und auch Kirchen seien nötig, sagte sie.
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) bezeichnete es als beschämend, dass Juden in Deutschland und weltweit wieder in Angst leben müssten. Mehr Räume zur Begegnung von Menschen seien nötig, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken. Auch in der Kultur habe Judenhass und Propaganda keinen Platz, sagte Dreyer mit Blick auf israelkritische Äußerungen auf der Berlinale.
Die Buber-Rosenzweig-Medaille ist nach den jüdischen Philosophen Martin Buber (1878-1965) und Franz Rosenzweig (1886-1929) benannt. Sie wird seit 1968 jährlich an Personen, Institutionen oder Initiativen vergeben, die sich für die Verständigung zwischen Christen und Juden einsetzen. Frühere Preisträger waren unter anderem die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), der Sänger Peter Maffay und der evangelische Theologe Nikolaus Schneider.
Die Woche der Brüderlichkeit findet in der Bundesrepublik seit 1952 statt. Die 84 Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit mit ihren mit 20.000 Mitgliedern setzen sich für eine Verständigung von Menschen jüdischen und christlichen Glaubens ein.