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Patrice Emery Lumumba

Patrice Emery Lumumba (1925-1961) war Vorkämpfer eines unabhängigen Staates Kongo und dessen erster Ministerpräsident. Für seine politische Annäherung an die Sowjetunion wurde er 1961 ermordet; mit Wissen und Billigung der abgelösten Kolonialmacht Belgien und der USA, wie später erwiesen wurde.

Tasumbu Tawosa – so sein Geburtsname – war seit jeher ein Unruhestifter. Er musste die Schule verlassen, und spätestens seit 1958, als forscher und brillanter Redner und Wortführer der Unabhängigkeitsbewegung, nannte man ihn Lumumba (“aufrührerische Massen”). Seine Verhaftung und Folter sorgte für Aufstände im Land. Schließlich musste Belgiens junger König Baudouin (1930-1993) in die staatliche Unabhängigkeit einwilligen.

Lumumba gewannt im Mai 1960 die ersten Parlamentswahlen und wurde – gegen alle Widerstände der weißen Eliten – erster Ministerpräsident einer unabhängigen Republik Kongo. Beim Festakt zur Unabhängigkeit kam es zu einem Eklat. Während Baudouin, um Gesichtswahrung bemüht, die “zivilisatorischen Leistungen” der belgischen Krone und Siedler im Kongo pries, widersprach ihm Lumumba ins Gesicht: “Wir haben diesen gerechten und edlen Kampf ausgefochten, um die entehrende Sklaverei zu beenden, die uns ein beschämendes Unterdrückungsregime aufzwang. […] Unablässig wurden wir mit Spott, Beleidigung und Schlägen traktiert, bloß weil wir Neger waren.” Man werde Massaker und zahllose Tote nicht vergessen.

Doch Lumumbas vordergründiger Triumph stand unter keinem guten Stern. Die Belgier entließen das Land völlig unvorbereitet in die Unabhängigkeit. Eine funktionierende Infrastruktur gab es nur dort, wo sie die Transportwege für die erbeuteten Bodenschätze gesichert hatte. Von Bildung oder Gesundheitsversorgung für die Einheimischen konnte keine Rede sein.

Außen- wie innenpolitisch wehten Lumumba die Stürme ins Gesicht. Teile der Armee meuterten, und nach gestreuten Gerüchten über Massenvergewaltigungen weißer Frauen durch Soldaten intervenierte die belgische Armee. Tags darauf erklärte sich die südliche Provinz Katanga – reich an Diamanten, Kupfer, Blei und Zink – für unabhängig von der Zentralregierung.

Nur die Sowjetunion bot Lumumba noch Hilfe an. Desavouiert im Westen, im Stich gelassen von den UN, schlug er sich im Kalten Krieg auf die Seite der Sowjets und unterzeichnete damit quasi sein Todesurteil. Nach Monaten in Tumult und Bürgerkrieg wurde Lumumba am 17. Januar 1961 in Elisabethville/Katanga erschossen. Ein Weggefährte nannte ihn später einen “Kometen, der über den Himmel zog und wieder verschwand”. Sein Land ist seither nie zur Ruhe gekommen.