Laut Paritätischen Gesamtverband hat die Armut in Hamburg 2022 innerhalb eines Jahres um elf Prozent zugenommen. Unter allen Bundesländern ist dies der stärkste Anstieg im Vergleich zum Vorjahr, wie aus dem Armutsbericht des Wohlfahrtsverbandes hervorgeht, der am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. Mit einer Armutsquote von 19,5 Prozent rutschte Hamburg im Länderranking 2022 vom achten auf den 14. Platz, dahinter folgen nur noch Bremen und Nordrhein-Westfalen.
Im Bundesdurchschnitt lag die Armutsquote im Inflationsjahr 2022 bei 16,8 Prozent und damit 0,1 Prozentpunkte unter der Quote vom Vorjahr, heißt es in dem Bericht. Hauptgeschäftsführer des Verbandes, Ulrich Schneider, nannte die statistischen Befunde „durchwachsen“. Der seit 16 Jahren fast ungebrochene Trend einer stetig wachsenden Armut sei gestoppt, doch längst nicht gedreht, erklärte er. Dem Paritätischen Gesamtverband zufolge müssen 14,2 Millionen Menschen in Deutschland zu den Armen gezählt werden.
Auf „einen neuen traurigen Rekordwert“ kletterte Schneider zufolge die Kinderarmut in Deutschland. 21,8 Prozent aller Kinder und Jugendlichen leben danach an oder unter der Armutsschwelle von 60 Prozent des mittleren Einkommens. Alleinerziehende, kinderreiche Familien, Menschen ohne Bildungsabschlüsse und ohne die deutsche Staatsbürgerschaft sind mit einer Armutsquote von jeweils über 30 Prozent am stärksten betroffen.
Schneider machte zugleich deutlich, dass das Bild vielschichtiger ist, als es auf den ersten Blick wirkt: 70 Prozent der Armen besitzen die deutsche Staatsbürgerschaft, 60 Prozent haben gute Bildungsabschlüsse, und nur 6 Prozent haben keine Arbeit. Gut ein Drittel der Armen ist erwerbstätig, ein weiteres Drittel sind Rentnerinnen und Rentner.
Wie schon in den vergangenen Jahren sind die regionalen Unterschiede enorm. Deutschland zeigt sich dreigeteilt: Am geringsten ist die Armut in Bayern, Baden-Württemberg und Brandenburg mit dem Berliner Speckgürtel, im Mittelfeld liegen die sechs Länder Sachsen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Berlin, Rheinland-Pfalz und Hessen, während die restlichen sieben Länder vom Saarland bis Hamburg Armutsquoten um 19 Prozent aufweisen.
Am schlechtesten steht das Ruhrgebiet da mit einer Armutsquote von 22 Prozent, die einer Million Menschen entspricht. Zwar liegt Bremen mit einer Quote von 29 Prozent abgeschlagen auf dem letzten Platz aller Bundesländer. Dort leben aber nur 680.000 Menschen, im Ruhrgebiet hingegen mehr als fünf Millionen. Berlin ist vom zweitletzten auf den sechsten Platz des Bundesländer-Rankings aufgerückt.