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Olaf Scholz tritt für die SPD erneut als Kanzlerkandidat an

Er war Hamburger Bürgermeister und Minister in zwei Bundesregierungen. Als erster Kanzler einer Ampel-Regierung musste er von Anfang an mehrere Krisen managen.

Ihn hatten im vergangenen Bundestagswahlkampf nur wenige als Sieger auf dem Zettel. Olaf Scholz war nach unglücklichen Auftritten des CDU-Kanzlerkandidaten Armin Laschet und einigen Patzern der ersten Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock der lachende Dritte. Der von Scholz angeführten und mit viel Optimismus gestarteten selbst ernannten “Fortschrittskoalition” von SPD, Grünen und FDP kam der Elan schnell abhanden: Von Dauerkrisen und inneren Streitereien zerrieben, war die Ampel im November am Ende, und der Kanzler machte den Weg für Neuwahlen frei.

Scholz startete seine Politikerlaufbahn vergleichsweise spät: 1958 in Osnabrück geboren und in Hamburg aufgewachsen, trat er zwar schon als Gymnasiast in die SPD ein. Bevor er mit 40 Jahren in den Bundestag gewählt wurde, arbeitete er als Fachanwalt für Arbeitsrecht. Nach einem kurzen Intermezzo als Hamburger Innensenator wurde er erst Generalsekretär der SPD und später in der ersten großen Koalition unter der Kanzlerschaft von Angela Merkel (CDU) für zwei Jahre Bundesarbeitsminister. 2011 ging er zurück in die Landespolitik und stand sieben Jahre an der Spitze der Hansestadt.

Als Erster Bürgermeister erfreute er sich großer Beliebtheit. Die Hamburger erlebten ihn als zugewandt und freundlich, während er in Berlin mit seiner kühlen Art und seiner oft gestanzt wirkenden Redeweise schnell den Spitznamen “Scholzomat” verpasst bekam.

Als nach der Wahl 2017 die Bemühungen um eine Jamaika-Koalition scheiterten, wurde Scholz dann in einer Neuauflage der von seiner Parteibasis so ungeliebten großen Koalition Finanzminister und Vizekanzler. Mit Beginn der Corona-Pandemie bedeutete dies auch für ihn ein Regieren im Krisenmodus – mit Aufgabe der schwarzen Null und einer gigantischen Neuverschuldung.

Seine Popularitätswerte stiegen in dieser Zeit, auch weil er sich für Soforthilfen und Kurzarbeitergeld stark machte, so dass schließlich auch viele seiner Kritiker für ihn als Spitzenkandidaten stimmten. Vorwürfe im Zusammenhang mit den Skandalen um Wirecard und die sogenannten Cum-Ex-Geschäfte saß er aus.

2021 stand Scholz dann bei den Bundestagswahlen als Gewinner da. Bei seiner Vereidigung zum Bundeskanzler verzichtete er beim Amtseid auf die Gottesformel. Scholz ist protestantisch getauft, trat aber vor einigen Jahren nach eigenem Bekunden aus der Kirche aus. Damit ist er der erste konfessionslose Kanzler der Bundesrepublik.

In Gesprächen betont Scholz allerdings, dass er sein Wertegerüst auch aus seinen protestantischen Wurzeln beziehe. Tief verankert sei bei ihm unter anderem das christliche Arbeitsethos, meint der leidenschaftliche Jogger und Ruderer.

In ethischen Fragen vertritt Scholz eine eher liberale Haltung. Als eine interfraktionelle Gruppe eine Gesetzesinitiative für eine liberalere Abtreibungsregelung erarbeitete, erklärte er, dass er einer solchen Regelung zustimmen würde. Dass es in dieser Legislatur noch zu einer Abstimmung kommt, ist allerdings eher unwahrscheinlich.

Auch mit Blick auf die Sterbehilfe tritt er für mehr Selbstbestimmung ein. Der Bundestag solle den Weg, den das Verfassungsgericht eröffnet habe, so ausgestalten, dass er für die Menschen, die selbstbestimmt sterben wollten, auch funktioniere, sagte er 2021 in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Zu einer Initiative für eine solche liberalere Handhabung ist es in der nun fast abgelaufenen Legislaturperiode nicht mehr gekommen.

Kritiker haben Scholz in seiner Amtszeit immer wieder vorgeworfen, zu zögerlich zu handeln und Dinge zu lange laufen zu lassen. Dabei war er mit großem Anspruch angetreten: “Wer von mir Führung bestellt, bekommt sie auch.” Seine kraftvolle Rede zu Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, in der er den Begriff der “Zeitenwende” prägte, blieb aber eine von wenigen Ausnahmen.

Auf dem SPD-Parteitag Anfang Januar, auf dem Scholz offiziell als Kanzlerkandidat nominiert wurde, betonte er, dass er für Besonnenheit, Klarheit und Erfahrung stehe. Und er übte sich auch ein wenig in Selbstkritik: Es sei sein Ziel gewesen, die Koalition zusammenzuhalten. Vielleicht, so sagte er, hätte er aber auch früher “auf den Tisch hauen müssen”, denn Einigkeit lasse sich nicht verordnen.