Die Pläne von Union und SPD für eine neue Asyl- und Migrationspolitik stoßen auf Skepsis. Die nordrhein-westfälische Fluchtministerin Josefine Paul (Grüne) sieht eine Aussetzung des Familiennachzugs kritisch. „Menschen, die bei uns Schutz suchen, müssen diesen auch weiterhin finden. Deshalb ist das klare Bekenntnis des schwarz-roten Koalitionsvertrages zum individuellen Recht auf Asyl richtig“, sagte sie der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“ (Freitag). „Gleichzeitig ist aber auch der Familiennachzug ein Instrument der gesteuerten Zuwanderung und wichtig für die Integration“, betonte Paul. Gerade Frauen und Kinder profitierten davon.
Bei den Grenzverfahren an den Außengrenzen müsse zentral sein, dass sie europarechtskonform und humanitär umgesetzt sind, sagte Paul weiter. „Zurückweisungen können vor diesem Hintergrund nur sehr begrenzt möglich sein.“ Als positiv sei es aber zu bewerten, „dass der Bund die Forderung der nordrhein-westfälischen Landesregierung aufnimmt und die Dublin-Überstellungen künftig zentral steuern möchte“, erklärte die Ministerin. „Hier wird es auf eine schnelle und wirksame Umsetzung durch den Bund ankommen.“
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) zweifelt an der Umsetzung von dauerhaften Kontrollen an den Grenzen. Voraussetzung dafür sei, dass die erforderlichen zusätzlichen personellen und finanziellen Mittel für die Bundespolizei bereitgestellt werden, sagte der GdP-Vizevorsitzenden Sven Hüber den Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe (Freitag). Dafür enthalte der ausgehandelte Koalitionsvertrag jedoch keine Selbstverpflichtung.
Die Fraktionsvorsitzende der grünen Bundestagsfraktion, Britta Haßelmann, zeigte sich alarmiert über die Ankündigung im Koalitionsvertrag, humanitäre Aufnahmeprogramme zu beenden. „Wer so handelt, drängt flüchtende Menschen auf unsichere Routen über das Mittelmeer“, sagte Haßelmann den Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe (Freitag). Deutschland müsse ein verlässlicher Partner bleiben und seine Zusagen auch gegenüber internationalen Organisationen einhalten. „Alles andere wäre eine harsche Absage an die solidarische Zusammenarbeit innerhalb der Vereinten Nationen“, so die Grünen-Politikerin.
Im Koalitionsvertrag wird angekündigt, dass der Familiennachzug zu Flüchtlingen mit subsidiärem Schutzstatus für zwei Jahre ausgesetzt werden soll. Derzeit gibt es für diese Gruppe ein Kontingent. Bis zu 1.000 enge Angehörige von in Deutschland anerkannten Schutzsuchenden dürfen darüber kommen.
Zum Thema Migration heißt es in dem Papier, Zurückweisungen an den Grenzen sollten „in Abstimmung mit den europäischen Nachbarn“ erfolgen. Die Begrenzung sogenannter irregulärer Migration soll wieder als Ziel im Aufenthaltsgesetz festgeschrieben werden. Union und SPD wollen zudem humanitäre Aufnahmeprogramme wie das für Ortskräfte und Menschenrechtler aus Afghanistan beenden.