Niedersachsen ist das erste und bislang einzige Bundesland, das bereits über die Anträge für die Zulassung von Cannabis-Anbauvereinen entschieden hat. Das ergab eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) unter den zuständigen Ressorts der 16 Bundesländer. Danach wurden zwischen Harz und Nordsee bereits sieben Anträge genehmigt und fünf abgelehnt. In Bremen ist das Interesse zwar rege, aber dort und in den übrigen Bundesländern wurden bis zu einem Stichtag Mitte Juli noch keine Lizenzen erteilt.
Insgesamt gingen nach Angaben des niedersächsischen Agrarministeriums bei der Landwirtschaftskammer mit Sitz in Oldenburg bisher 20 Anträge auf Genehmigung ein. Das ist bundesweit der dritthöchste Wert nach Nordrhein-Westfalen mit 37 und Baden-Württemberg mit 35 Anträgen, von denen aber noch keiner entschieden ist. Gemessen an der Gesamtzahl der Bevölkerung liegt Niedersachsen hier auf dem zweiten Platz hinter Baden-Württemberg. Eine Sprecherin des Ministeriums in Hannover sagte, die Landwirtschaftskammer habe sich frühzeitig und umfassend auf diese Aufgabe vorbereitet.
Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte (Grüne) hatte am 8. Juli den bundesweit ersten Erlaubnisbescheid an den Vorstand des Cannabis-Vereins in Ganderkesee bei Bremen übergeben. Im Land Bremen haben der Umfrage zufolge etwa zehn Personen und Vereine ihr Interesse bekundet, eine solche Vereinigung beantragen zu wollen. Bisher seien aber noch keine Anträge gestellt worden, hieß es aus dem zuständigen Gesundheitsressort.
Die Anbauvereinigungen übernehmen bei der Teillegalisierung von Cannabis eine wichtige Aufgabe: An ihre Mitglieder sollen die Vereine selbst angebauten Hanf abgeben können. Seit dem 1. Juli können Lizenzen für diese „Cannabis Social Clubs“ beantragt werden. Für die Bearbeitung von der Antragstellung bis zur Zulassung kalkulieren die Behörden in Niedersachsen und Bremen etwa drei Monate.
Als einziges Bundesland hat Niedersachsen der Umfrage zufolge die Zulassung und Kontrolle der Anbauvereine der Landwirtschaftskammer übertragen. Damit obliegen sämtliche Aufgaben bei der Begleitung der „Cannabis Social Clubs“ der Selbstverwaltungsorganisation der Landwirte, die in Niedersachsen allerdings auch hoheitliche Aufgaben übernimmt und wie eine Landesbehörde etwa über Fördermaßnahmen entscheidet. In den übrigen Bundesländern sind ausschließlich Landesbehörden für die Cannabis-Clubs zuständig.
Die Anbauvereine sollen regelmäßig und darüber hinaus auch anlassbezogen von der Landwirtschaftskammer durch Besuche und Stichproben vor Ort kontrolliert werden, wie die Sprecherin des Agrarministeriums sagte. Die Häufigkeit der Kontrollen werde sich insbesondere daran orientieren, was bei den Kontrollen jeweils festgestellt wurde und ob es bereits bei der Zulassung Hinweise gegeben habe, die besser vor Ort geklärt werden sollten.
Für eine Zulassung müssen die Vereine zahlreiche Anforderungen erfüllen. Sie müssen Führungszeugnisse vorlegen und ein Gesundheits- und Jugendschutzkonzept entwickeln. Nach Angaben aus Niedersachsen müssen sie auch die Gehalte von Tetrahydrocannabinol (THC) dokumentieren, das die berauschende Wirkung erzeugt. Für die Mengen von Anbau und Abgabe gibt es Obergrenzen. Die Bremer Behörde erklärte, sie sammele Daten, um zu prüfen, welche Effekte die Teillegalisierung habe.
Genehmigte „Cannabis Social Clubs“ dürfen die Droge gemeinschaftlich für den Eigenkonsum ihrer erwachsenen Mitglieder im Alter von über 18 Jahren anbauen. Eine Weitergabe oder der Verkauf an Dritte ist verboten. Der Bundestag hatte den Konsum von Cannabis unter bestimmten Voraussetzungen legalisiert.
So dürfen Erwachsene bis zu 25 Gramm Cannabis in der Öffentlichkeit bei sich haben. Zu Hause sind der Besitz von bis zu 50 Gramm getrocknetem Cannabis sowie bis zu drei Cannabispflanzen pro erwachsener Person erlaubt. Neben dem privaten Anbau ist die Abgabe vorerst nur über nicht gewinnorientierte Anbauvereinigungen oder Cannabis-Clubs möglich. Das Rauchen von Joints ist bereits seit dem 1. April für Erwachsene legal, in einer zweiten Stufe folgt nun die Genehmigung für den Anbau.