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Narren feiern Fasching im Norden

Im Rheinland und in Süddeutschland ist während der Faschingszeit Ausnahmezustand. In Norddeutschland scheint das Fest auf den ersten Blick nicht besonders beliebt. Große Karnevalsumzüge oder Faschingspartys sind die Ausnahme. Aber: „Auch im Norden können wir uns verkleiden und fröhlich feiern“, sagt Pastorin Katja Kretschmar. Am Sonntag (23. Februar) feiert sie in der Versöhnungskirche in Husum schon zum dritten Mal einen Faschingsgottesdienst.

Außerdem: Fasching und Kirche gehören zusammen. Die historische Verbindung steckt im Wort „Fasching“. Das kommt vom mittelhochdeutschen „vast-schanc“, das für das Ausschenken des Fastentrunks steht, also dem letzten Genuss von Alkohol vor der christlichen Fastenzeit vor Ostern. Und auch der Begriff „Karneval“, der im Rheinland verwendet wird, hat eine Verbindung zur Kirche und zur Fastenzeit. Er leitet sich wahrscheinlich vom lateinischen „carne levare“ ab, was so viel heißt wie „Fleisch wegnehmen“.

Zum Faschingsgottesdienst in Husum kommen vom Kitakind bis zu Seniorinnen und Senioren aus der Nachbarschaft alle, sagt Kretschmar. Viele Gäste verkleiden sich für den Gottesdienst, ebenso wie die Pastorin: „Es ist ganz schön, auch mal in bunten Farben vorne zu stehen und nicht nur im schwarzen Talar.“ Zum ersten Faschingsgottesdienst war sie als Clown verkleidet, und im vergangenen Jahr trat sie als Papagei auf die Kanzel. Was es dieses Jahr wird, bleibe aber eine Überraschung.

Der Faschingsgottesdienst macht Organist Kai Krakenberg auch musikalisch viel Freude. Der gebürtige Essener probiert gern Neues aus: „So haben wir festgestellt, dass man zur Melodie von ‘Atemlos’ den Refrain von ‘Großer Gott wir loben dich’ singen kann.“

Dass Fasching oder eben Karneval in Norddeutschland weniger gefeiert wird, lässt sich übrigens ebenso aus den christlichen Ursprüngen begründen. Katholisch geprägte Regionen beachteten die Fastenzeit traditionell strenger als protestantische, sodass sie vor ihrem Beginn ausgelassener gefeiert haben. Doch auch im protestantisch geprägten Norden gibt es Faschingshochburgen wie Hannover, Braunschweig oder Marne.

Einen Sonntag später, am 2. März, kommen dann auch Faschingsbegeisterte in Hamburg auf ihre Kosten. Pastorin Gesina Bräunig feiert im Rahmen der „Gottesdienste für Groß und Klein“ in der Lutherkirche in Wellingsbüttel Fasching. „Für viele Kinder ist Fasching schon ein großes Thema“ sagt Bräunig. Zudem sei die Kirche doch ein Ort, an dem auch gelacht werden soll. Nach dem Gottesdienst gibt die Pastorin dann einen besonderen Segen. Das Kreuz werde mit Glitzer auf die Stirn oder die Hand gegeben: „Ein Segen geht nie ganz weg, so wie Glitzer auch.“

Das Besondere in Wellingsbüttel: Nach dem Gottesdienst können die Gäste im Gemeindehaus nebenan ihre Stimme bei der Bürgerschaftswahl abgeben. Also direkt mit Glitzersegen oder als Superman verkleidet von der Kirche an die Wahlurne – solange die Wählerinnen und Wähler noch identifiziert werden können. Bräunig hofft, dass möglichst viele dann von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen.