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Mit Herzblut und kühlem Kopf

In Westfalen ging ein erster landeskirchenweiter Fundraisingkurs kürzlich zu Ende. Die Teilnehmenden sind sich sicher: Damit kann man Menschen gewinnen – und es macht Spaß

BIELEFELD/MÜNSTER – „Ich bettele nicht“, sagt Jessica Bergstresser selbstbewusst. „Wenn ich Menschen um Spenden bitte, geht es ja nicht um mich persönlich, sondern um einen Beitrag für die Gemeinschaft, zu der sie sich selbst zählen.“
Damit hat die Sachbearbeiterin im Landeskirchenamt in Bielefeld auf den Punkt gebracht, was das „Fundraising“ in der Kirche ausmacht: Gemeindeglieder werden angesprochen und gebeten, sich an einem Projekt zu beteiligen. Auf ganz unterschiedliche Weise: mit einem Geldbetrag, aber genauso mit Kuchen oder Sachspenden für einen Basar, mit dem Entwerfen und Verteilen von Handzetteln bis hin zu handwerklichen Diensten. Diese Form der Mitgliederbeteiligung hat einen doppelten Effekt. Zum einen kommen Mittel für den geplanten Zweck zusammen, und zum anderen fühlen sich die Angesprochenen stärker in die Gemeinschaft der Gemeinde eingebunden.
Um die Möglichkeiten und Instrumente des Fundraisings besser kennenzulernen, hat Bergstresser kürzlich einen Kurs besucht, den die Referate Erwachsenenbildung und Fundraising des Evangelischen Kirchenkreises Münster gemeinsam mit der Evangelischen Kirche von Westfalen angeboten haben. „Es geht darum, Leute abzuholen und zu begeistern“, sagt die 34-Jährige. „Gleichzeitig muss man mit kühlem Kopf planen, damit eine Aktion nicht unterm Strich mehr kostet, als sie einbringt.“
Der Impuls, das Fundraising in Westfalen bekannter zu machen, stammt von Heike Plaß, pädagogische Mitarbeiterin der Erwachsenenbildung im Kirchenkreis Münster. Sie selbst hat diese Art der Mitgliederbeteiligung bei Fortbildungen der hannoverschen Landeskirche kennengelernt und jahrelang als Kirchmeisterin ihrer Gemeinde damit gearbeitet, wie sie erzählt.
„In westfälischen Gemeinden sehe ich da noch ein Defizit“, so Plaß. „Vor allem hat sich wohl noch nicht herumgesprochen, wieviel Spaß Fundraising auch machen kann.“ Und so lud sie das Referenten-Team aus Hannover ein – und war selbst überrascht über die große Nachfrage von Ehren- und Hauptamtlichen aus allen Bereichen der Landeskirche.
„Für mich ist das eine Form des Gemeindeaufbaus“, sagt Ires Dyszack, die ebenfalls den Kurs besucht hat. „Es geht nicht einfach ums Geld, sondern darum, Beziehungen zu pflegen und die Identifikation mit der Gemeindearbeit zu stärken.“ Dyszack, die als Sekretärin in der Superintendentur des Kirchenkreises Halle arbeitet, ist ganz begeistert von den Möglichkeiten des Fundraisings. „Das ist eine Kombination aus Herzblut für eine Sache und strategischem Denken“, erklärt sie. Also: Zunächst analysieren, wo ein Bedarf ist und welche Mittel notwendig sind. Dann kreativ werden und Aktionen planen, um an diese Mittel zu kommen. Und schließlich auswerten, wie erfolgreich der Einsatz war.
Ganz wichtig: der Umgang mit den Angesprochenen. „Ich organisiere selbst für eine Flüchtlingsinitiative einmal im Monat ein Frühstück und habe oft Schwierigkeiten, Mitarbeitende zu finden“, erzählt die 53-Jährige. „Jetzt habe ich gelernt: Es ist immer gut, Danke zu sagen, auch wenn es diesmal nicht klappt. Das kommt gut an und ist auch für mich wohltuend.“
Angesichts der langen Warteliste von Interessenten denkt Heike Plaß über weitere Kurse in Zusammenarbeit mit der Landeskirche nach. Im Landeskirchenamt ist zudem inzwischen eine Stelle für Fundraising eingerichtet worden; Beauftragter für diesen Bereich ist seit dem 1. September Pfarrer Hansjörg Federmann, Telefon (05 21) 594-531. leg