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Menschenrechtler sieht Gefahr für Israel durch syrische Islamisten

Der im kurdischen Teil Syriens geborene Menschenrechtler Kamal Sido sieht die Lage in Syrien nach dem Sturz des Assad-Regimes als zunehmend gefährlich an. Es gebe immer mehr Berichte über Misshandlungen und Drangsalierung von Minderheiten durch Angehörige der nun regierenden islamistischen Miliz, sagte Sido in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Einige Islamisten kündigten sogar an, bis nach Jerusalem vorzurücken, um Israel und die Juden zu vernichten. „Meine anfängliche Freude ist mittlerweile in Angst, Trauer und Bitterkeit umgeschlagen“, sagte der seit 34 Jahren in Deutschland lebende Nahost-Referent der Gesellschaft für bedrohte Völker mit Sitz in Göttingen.

In Deutschland feierten vor allem die konservativ-muslimischen Syrer den Sturz Assads, sagte Sido. Er appellierte an die Demonstranten, deutlich zu machen, dass sie den Islamismus ablehnten. „Ihr lebt in einer Demokratie, in einer toleranten Gesellschaft, die euch mit großem Herzen aufgenommen hat.“ Islamismus dürfe weder in Deutschland noch in Syrien ein Vorbild sein. „Bitte habt keine Sympathie für eine Ideologie, die andere leugnet und verachtet.“

Die Islamisten in Syrien hätten bereits begonnen, Andersgläubige und Minderheiten zu bekämpfen, sagte Sido. Im Nordosten werde seit Montag auf Kurden geschossen. In Homs hätten sie einen Transporter mit alevitischen Frauen angehalten. Er befürchte, dass auch christliche Kirchen bald zum Angriffsziel werden könnten, sagte der promovierte Historiker.

Sido warnte, dass bald nicht weniger, sondern mehr Menschen aus Syrien nach Deutschland fliehen könnten. Dazu gehörten auch etwa 200.000 Kurden, die in den vergangenen Tagen von den Milizen vertrieben worden seien. Sie stammten aus Afrin und seien im Norden Aleppo untergebracht gewesen. „Viele von ihnen werden nach Deutschland kommen, weil sie hier bereits Verwandte haben“, sagte Sido, der selbst muslimischer Kurde ist.

Der Nahost-Experte appellierte an die Politik in Deutschland, die syrischen Flüchtlinge nicht zurückzuschicken, sondern sich für eine Stabilisierung Syriens und den Aufbau einer Demokratie einzusetzen. Die NATO müsse den türkischen Präsidenten Erdogan dazu drängen, seinen Krieg gegen die Kurden zu beenden. Die meisten Syrer würden ohnehin zurückkehren, wenn das Land befriedet und nicht mehr von Islamisten beherrscht werde. Auch er selbst würde dann in seine Heimat Afrin zurückgehen.