“Ich kann der Politik nur raten: Rührt diesen Kompromiss nicht an”, sagt Münchens Kardinal Reinhard Marx im Blick auf den Abtreibungsparagrafen 218. Ansonsten würden Radikale gestärkt.
Kardinal Reinhard Marx warnt vor einer Aufkündigung des Abtreibungsparagrafen 218 im Strafgesetzbuch. Der Erzbischof von München und Freising sagte der “Süddeutschen Zeitung” (Mittwoch): “Wer auch immer das Thema Lebensschutz jetzt anpackt, dem muss man sagen: Wir leben in einer offenen Gesellschaft und wir müssen Kompromisse schließen. Beim Lebensschutz haben wir ihn gesetzlich – schwer genug – gefunden. Ich kann der Politik nur raten: Rührt diesen Kompromiss nicht an.” Er versuche, das Recht der Frau und das Lebensrecht des Kindes im Blick zu halten. “Wer das jetzt aufkündigen will, stärkt die Radikalen und schafft ein Kulturkampf-Thema.”
Eine Abtreibung ist derzeit in Deutschland grundsätzlich rechtswidrig. Sie bleibt jedoch straffrei, wenn sie in den ersten zwölf Wochen vorgenommen wird und die schwangere Frau sich zuvor beraten lässt.
Eine von der Bundesregierung eingesetzte Expertenkommission hatte Mitte April Empfehlungen für eine neue, liberalere Regelung vorgelegt. In den ersten zwölf Schwangerschaftswochen soll eine Abtreibung demnach komplett freigestellt und rechtmäßig sein. Die Bundesregierung und die Fraktionen prüfen derzeit die Empfehlungen.
Nach dem Willen der FDP soll an dem in den 1990er Jahren erzielten Kompromiss in der Abtreibungsfrage nicht gerüttelt werden. Eine Regelung außerhalb des Strafrechts lehne ihre Fraktion ab, sagte vergangene Woche die FDP-Bundestagsabgeordnete Katrin Helling-Plahr. Es gebe bei dem bestehenden Gesetz keinen Handlungsbedarf. Diesen sehen allerdings SPD und Grüne. Vor allem wegen der schlechten Versorgungslage für ungewollt schwangere Frauen sei der Druck für eine Reform groß, so die frauenpolitische Sprecherin der Grünen, Ulle Schauws. Ihre SPD-Kollegin Leni Breymaier sagte, sie glaube, dass das ungeborene Leben nicht durch eine Strafandrohung geschützt werde.