Der Landtag von Sachsen-Anhalt hat am Donnerstag an die Gründung des „Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold“ vor 100 Jahren erinnert. Das am 22. Februar 1924 in Magdeburg gegründete Reichsbanner galt als Schutzbund für die damals junge Weimarer Republik gegen ihre rechts- und linksextremen Gegner. Demokratie und Freiheit hätten immer auch innerhalb der eigenen Gesellschaft Gegner und Feinde, sagte der heutige Bundesvorsitzende des „Reichbanners“, Fritz Felgentreu, in Magdeburg.
Man erkenne, dass die Narrative der Feinde der Demokratie in den vergangenen Jahren an Zugkraft gewonnen haben, mahnte der frühere SPD-Bundestagsabgeordnete. Der demokratische Konsens sei zwar in Deutschland wesentlich gefestigter als in den 1920er Jahren. Dennoch hätten Spaltungen und Konfliktlinien in der Gesellschaft den Gegnern der Demokratie ermöglicht, mit ihren Thesen und ihrem Gegenentwurf an Boden zu gewinnen. „Zu glauben, die Demokratie sei jemals sicher vor ihren Feinden, ist ein Trugschluss“, warnte der SPD-Politiker.
Felgentreu sprach konkret an, wen er als Gegner der Demokratie ausmacht. So würden die Farben Schwarz-Rot-Gold heute von AfD, Pegida oder sogenannten „Reichsbürgern“ missbraucht. Bei dem Festakt im Landtag, an dem neben Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) auch Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) und die SPD-Bundesvorsitzende Saskia Esken teilnahmen, warnte Felgentreu vor einem „grotesken Etikettenschwindel“, wenn die „geistigen Erben der Deutschnationalen und Nationalsozialisten“ heute versuchten, sich der Farben Schwarz-Rot-Gold zu bemächtigen: „Ihnen rufe ich von diesem Podium aus zu: Lassen Sie Ihre Finger von den Farben der Freiheit!“.
Landtagspräsident Gunnar Schellenberger (CDU) betonte in seiner Festansprache die Notwendigkeit eines parlamentarischen Traditionsbewusstseins: „Der Blick zurück zeigt uns Vorbilder, die uns im heutigen Kampf bestärken“, sagte der Parlamentspräsident. „Es ist wieder an der Zeit, dass wir uns zur Republik, zur Demokratie, zu Toleranz und Völkerverständigung bekennen“, mahnte er: „Auch in unserem eigenen Land gibt es besorgniserregende Entwicklungen und Tendenzen, die wir nicht mittragen können und dürfen.“
Am Nachmittag wurde auf dem Domplatz vor dem Landtag eine Gedenkstele für das „Reichsbanner“ unter dem Titel „Strahlenkraft“ eingeweiht. Soldaten der Bundeswehr legten fünf Kränze nieder, unter anderem vom Bundesverteidigungsminister, der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin und dem Landtag.
Das „Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold“ wurde vorwiegend von Mitgliedern der SPD, der linksliberalen Deutschen Demokratischen Partei (DDP) und des katholischen Zentrums gegründet. Es war mit mindestens 1,5 Millionen Mitgliedern die damals größte politische Massenorganisation. Heute betreibt der Verein mit knapp 800 Mitgliedern vor allem politische Bildungsarbeit. Dabei arbeitet er auch mit der Gedenkstätte Deutscher Widerstand zusammen.