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Lokaler Reisanbau: Mit neuen Wegen zum sicheren Einkommen

Mit Microkredit zur erfolgreichen Geschäftsfrau: Die zweifache Mutter Judith Biali Koné lässt ihren eigenen Reis in der Elfenbeinküste anbauen und vermarktet ihn direkt vor Ort.

Judith Biali Koné  setzt auf Nahrungsmittel aus dem eigenen Land
Judith Biali Koné setzt auf Nahrungsmittel aus dem eigenen Landepd-Bild / C.K.

Judith Biali Koné aus der Elfenbeinküste (Côte d’Ivoire) war 34 Jahre alt und gelernte Vertriebsassistentin, als sie sich in der Landwirtschaft selbständig machte: Sie kaufte Reis in der Hauptstadt Yamoussoukro und verkaufte ihren „lokalen Reis von Judith“ in der Wirtschaftsmetropole Abidjan. „Als ich 2019 mit dem Verkauf begann, hatte ich umgerechnet 750 Euro“, erzählt die 39-jährige Mutter von zwei Kindern. Heute ist Konè – langes, schwarzes Kleid, straff zurückgebundene Haare – erfolgreiche Geschäftsfrau. Derzeit ist ihr Vorrat ausverkauft, sie muss bis zur nächsten Ernte Ende Juni warten, um wieder Ware übers Internet verkaufen zu können.

Ein Dorfchef stellte ihr Land zur Verfügung – unter der Bedingung, junge Leute aus dem Dorf zu beschäftigen. Eine Bank gab einen Mikrokredit. Heute pflanzt eine Kooperative von rund 100 Bauern ihren Reis. Sie hat soeben weitere 40 Hektar eigenes Land gekauft und bereits einen Brunnen zur Bewässerung gebohrt. „Klein anfangen und mit der Zeit weiterkommen“ lautet ihr Ratschlag an die Jugend.

Reis ist Grundnahrungsmittel in der Elfenbeinküste

Wie in ganz Westafrika ist Reis auch in der Elfenbeinküste das wichtigste Nahrungsmittel und wird zu fast allen lokalen Speisen serviert. Aber nur eine Million Tonnen werden im Land angepflanzt. 1,25 Millionen Tonnen, über die Hälfte des Konsums, werden aus Asien importiert. Die ivorische Regierung möchte bis 2025 eine Produktion von zwei Millionen Tonnen erreichen und unterstützt entsprechende Projekte.

Agrarminister Adjoumani der Elfenbeinküste (rechts) im Gespräch mit lokalen Vertretern
Agrarminister Adjoumani der Elfenbeinküste (rechts) im Gespräch mit lokalen Vertreternepd-Bild / Adama Ouedraogo

Der Erfolg ihres Reises liege in der Qualität, meint Judith Biali Koné. Sie lässt den gebleichten Reis auf Abdeckplanen trocknen – anders als andere lokale Produzenten, die direkt auf dem Boden arbeiten. Dann werden ihre Reiskörner von Frauen von Hand sortiert, damit keinerlei Unreinheiten in der Tüte zu finden sind: „Sie können den Reis sofort zubereiten.“

Die Elfenbeinküste ist ein Agrarland, über die Hälfte der Bevölkerung arbeitet in der Landwirtschaft. Doch die meisten Bauern leben an der Armutsgrenze. Der Löwenanteil der landwirtschaftlichen Produktion geht in den Export: Kaffee, Baumwolle, Cashew und vor allem Kakao – der Staat ist der größte Kakaoproduzent weltweit.

Auch Daniel Oulaï ist auf der Suche nach neuen Wegen in der Landwirtschaft des westafrikanischen Landes. Sein Großvater war ein kleiner Bauer. Wie die meisten Landwirte verkaufte er Kakao und Kaffee und hatte noch einen Gemüsegarten, um die Familie zu ernähren. „In dieser Umgebung wuchs ich auf“, blickt der 33-jährige Agronom Oulaï zurück: „Als ich groß wurde, wollte ich diesen Bauern in Schwierigkeiten helfen.“

Oulaï setzt auf die Reduzierung von Zwischenhändlern, damit Bauern besser von ihrer Arbeit leben
Oulaï setzt auf die Reduzierung von Zwischenhändlern, damit Bauern besser von ihrer Arbeit lebenepd-Bild / Adama Ouedraogo

Sein Unternehmen „Grainotheque“ setzt sich mit Schulungsmaterial und Ausbildungen für selbst hergestellte Biodüngemittel, schnelle Kompostierung und die Herstellung von lokalem Saatgut ein. Oulaï sieht seine Arbeit als „Alternative zu den multinationalen Chemiekonzernen“: „Vor zwei Jahren traf ich eine Frau im Westen des Landes, die hatte ihr ganzes Reisfeld verbrannt“, erzählt er. Sie habe ein Breitbandherbizid verwendet und sei schlecht beraten worden.

Daniel Oulaï setzt auf Direktvermarktung

Der Agrarexperte mit kurzem Bart und Strohhut setzt zudem darauf, den Einfluss von Zwischenhändlern zu reduzieren, damit die Bauern besser von ihrer Arbeit leben können. So betreut er beispielsweise 142 Schweinezüchter bei der Direktvermarktung: „Per App kannst du Fleisch bestellen und es wird sofort nach Hause geliefert.“

Daniel Oulaï hat sein Studium in Lille in Frankreich und in Abidjan in der Elfenbeinküste absolviert und findet, Afrika könne aus den Fehlern des Westens lernen, wo die intensive Landwirtschaft ihre Grenzen gezeigt habe. „Derzeit arbeiten unsere Teams daran, eigenes Tierfutter herzustellen.“ Eine Mühle stehe bereits.

„Priorität ist für uns, nicht mehr vom Ausland abhängig zu sein“, erklärt auch der Landwirtschaftsminister des rund 30 Millionen Einwohner zählenden Landes, Kobenan Kouassi Adjoumani. Mit den Krisen infolge der Covid-Pandemie und des Ukrainekriegs wurden Düngemittel und Getreide teuer und rar. Lokal angebauter Mais und Maniok könnten das Weizenmehl ersetzen, erklärt der Minister. „Die andere Priorität ist es, die Jugend zur Landwirtschaft zu bringen.“

Lokale Landwirtschaft braucht Arbeitskräfte

Deshalb ist Adjoumani Ende April auch auf das 15. Musikfestival FEMUA (Festival des Musiques Urbaines d’Anoumabo) gekommen, das in diesem Jahr unter dem Motto Nahrungsmittelsicherheit und nachhaltige Landwirtschaft stand. „Wir brauchen Arbeitskräfte in der Landwirtschaft“, lautete die Botschaft des Ministers. Die wird auch von den Veranstaltern des Festivals weitergegeben, der populärsten Band des Landes, Magic System: „Ich bin Musiker und verkaufe meine Musik“, erzählt Bandleader A’Salfo. „Aber ich bin auch Bauer, baue Kakao und Kautschukbäume an.“

In der Landwirtschaft sieht der Sänger Zukunftschancen. Schließlich habe die Elfenbeinküste reiche Böden und mehr als 70 Prozent der Bevölkerung sei jung: „Man muss der Jugend sagen, dass die Erde nicht nur für Bauern da ist“, erklärt der 44-jährige Superstar: Da sei Platz für viele Berufe und neue Technologien: „Um Drohnen über den Feldern fliegen zu lassen, braucht es Ingenieure.“ Und manchmal reichen auch einfach eine gute Vertriebsidee und gute Qualität – wie beim „lokalen Reis“ von Judith Biali Koné.