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Lebenslanger Kampf

Was tun, wenn der feste Glaube scheinbar wie eine Sandburg zerfällt?

Zweifelsfrei glauben können – so wünschen sich vermutlich viele ihr Verhältnis zu Gott. Wie eine feste Burg soll das Gottvertrauen sein, uneinnehmbar von den inneren und äußeren Attacken des Zweifels. Doch die Erfahrung lehrt etwas Anderes: Unser Glaube bleibt ein Leben lang umkämpft – aus ganz unterschiedlichen Richtungen. Martin Luther etwa wurde von seiner Ungewissheit über die Gnade Gottes schier aufgefressen. Unser Zweifel an einem liebevollen, gütigen Gott manifestiert sich in der bohrenden Frage: „Wie kann Gott das zulassen?“. Unendlich viele Seelen haben sich schon an der dunklen, „verborgenen“ Seite Gottes wundgerieben, oder sind daran verzweifelt.
Es gibt ernst zu nehmende intellektuelle Anfragen. Glauben und Wissen(schaft) lassen sich für viele nicht auf einen Nenner bringen. Ein Dilemma: Glauben mit abgeschaltetem Denken, das geht gar nicht. Wofür hat Gott den Verstand geschenkt?
Bei allem kennt der Zweifel keinen Unterschied der Person. Er kann über alle herfallen, sogar über solche, die fromm, überzeugt und glaubenstreu scheinen. Torsten Hebel, Jugendevangelist bei „Jesus House“, hat es auf dem Höhepunkt seiner Arbeit erlebt (siehe Seite 2). Von seinem „alten“ Glauben musste er sich verabschieden. Doch sein Zweifel war nicht das Ende, sondern ein neuer Anfang.
Sind Glaubende dem Zweifel schutzlos ausgeliefert? Auf der Suche nach Antwort muss zunächst eine einfache Wahrheit akzeptiert werden: Der Glaube lässt sich nicht machen. Er kann auch nicht mit Gewalt herbeigezwungen werden („Das musst du einfach glauben!“). Er ist und bleibt ein Geschenk. Und: Glaubensgewissheit lässt sich nicht konservieren. Sie will neu erlebt und gespürt werden.
Martin Luther gibt den Rat, auf Durststrecken des Glaubens beharrlich zu bleiben und Gott in den Ohren zu liegen: „(…) einen Psalm vorgenommen und deine Not vor Gott dargelegt, geklagt und angerufen.“
Und selbst mit Gott ins Gericht zu gehen, ist aus den Psalmen bekannt. Das ist wie: gegen Gott an Gott festhalten. Aber vielleicht ist selbst das nicht mehr möglich, weil der Zweifel schon vom Zorn auf Gott überwältigt wurde. Bricht der Kontakt jetzt ab? Gut möglich. Oder ist es eine Funkstille, eine „Auszeit“ von Gott? Wenn die Antennen zwischen Mensch und Gott noch auf Empfang bleiben, kann der Schöpfer auch im Schweigen noch reden – durch ein Buch, in der Musik, aus der Stille.
Torsten Hebel hat in der Krise das Gespräch mit Freunden und Weggefährten gesucht. Er hat seine Glaubenszweifel ungeschönt auf den Tisch gelegt und darauf Antworten bekommen. Er wurde in den Strudel des Zweifels hineingezogen und konnte am Ende mit einem ganz anderen Bild von Gott auftauchen.
Über allen Zweiflerinnen und Zweiflern steht der biblische Respekt für sie. Jesus nimmt den Zweifel des Thomas sehr ernst und hilft ihm zum Glauben. Der biblische Monatsspruch für den November lädt unmissverständlich dazu ein: „Erbarmt euch derer, die zweifeln.“