Gericht: Vorerst keine Visa für afghanische Familie
Berlin (KNA) Die Bundesregierung muss einer afghanischen Familie, die eine Aufnahmezusage hatte, erst einmal keine Visa austeilen. Das entschied das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg am Donnerstag in Berlin. Es setzte damit einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 7. Juli aus. So solle vermieden werden, dass Fakten vor einer endgültigen Entscheidung geschaffen würden. Diese solle voraussichtlich Ende August getroffen werden.
Hintergrund ist der Streit um das Bundesaufnahmeprogramm für besonders gefährdete Afghaninnen und Afghanen. Im vorliegenden Fall geht es um Zusagen der Bundesregierung an eine Juradozentin und ihre 13 Familienangehörigen, die in Pakistan auf Visa warten. Das Verwaltungsgericht hatte in erster Instanz im Eilverfahren entschieden, die Bundesregierung habe sich “durch bestandskräftige, nicht widerrufene Aufnahmebescheide rechtlich zur Aufnahme gebunden”. Von dieser freiwillig eingegangen Bindung könne sich Deutschland nicht lösen.
Das im Oktober 2022 gestartete Aufnahmeprogramm der Bundesregierung sollte besonders gefährdeten Afghaninnen und Afghanen sowie ihren Familienangehörigen eine Aufnahme in Deutschland in Aussicht stellen. Aufgrund dieses Programms erteilte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Antragstellern im Oktober 2023 sogenannte Aufnahmezusagen. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes von Mitte Juni warten rund 2.400 Menschen in Pakistan darauf, dass sie ein Visum bekommen. Betroffen davon sind nach den Angaben etwa Menschen, die sich für Gleichberechtigung und Demokratie eingesetzt haben.
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Studie: Große Fischschwärme treffen klügere Entscheidungen
Berlin (KNA) Gemeinsam sind sie besser: Fische in größeren Schwärmen treffen laut einer neuen Studie schnellere und bessere Entscheidungen. Wie die Humboldt-Universität zu Berlin (HU) am Donnerstag mitteilte, konnten Forscher der HU und des Leibniz-Institus für Binnenfischerei zwei Dinge nachweisen. Einerseits könnten Tiere in größeren Gruppen echte Gefahren erkennen, ohne auf jede Störung zu reagieren und andererseits würden sie schnelle Entscheidungen treffen, ohne dabei an Genauigkeit zu verlieren.
Für die Studie, die in der Fachzeitschrift “Science Advances” veröffentlicht wurde, haben die Forscher Schwärme von Schwefelfischen untersucht. In den Gewässern, in denen sie leben, herrschen demnach extreme Bedingungen: Sauerstoffmangel, hohe Temperaturen und Raubvögel wie Eisvögel oder Kiskadees, die die Fische regelmäßig jagen. Die kollektive Abwehrstrategie der Schwefelfische sei besonders interessant, so die Wissenschaftler. Sobald ein Schwarm eine potenzielle Gefahr wahrnehme, tauchten die Fische synchron ab und erzeugten dabei nach außen sichtbare Wellenmuster auf der Wasseroberfläche – wie La-Ola-Wellen. Handele es sich tatsächlich um einen Angriff, folge eine Serie weiterer „Wellen-Tauchgänge“. Wenn der Reiz harmlos ist, bleibe es bei einem einmaligen Abtauchen.
Die Studie liefere überzeugende Hinweise darauf, dass Tiergruppen unter realen Bedingungen mehr sind als die Summe ihrer Teile, heißt es weiter. Indem sie individuelle Informationen schnell und präzise zusammenführten, zeigten Schwärme, wie kollektive Intelligenz in der Natur funktioniere, und sich in Form eines evolutionären Überlebensvorteils auszahle.
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“Unsere Trainer sind auch Pädagogen”
Berliner Boxklub integriert geflüchtete Kinder – Präses zu Besuch
Von Daniel Zander (KNA)
Berlin (KNA) “Eigentlich müsste Valentyn Provision erhalten, so viele Freunde wie er schon zu uns gebracht hat”, sagt Marike Ingwersen und lacht. Sie ist die Geschäftsführerin des Berliner Boxvereins “Sports for more” – und heilfroh, dass der 16-jährige Valentyn vor gut drei Jahren den Weg in den Klub gefunden hat. “Er ist unglaublich fleißig und zielstrebig”, sagt sie in dem Boxstudio in Berlin-Kreuzberg.
Valentyn kommt aus der Ukraine und musste im Frühjahr 2022 vor dem russischen Angriffskrieg aus dem Land fliehen. Auf den Boxverein wurde er bei einem Besuch eines Deutschkurses hingewiesen, erzählt er. Es wird deutlich: Der Kurs hat sich bezahlt gemacht. Genauso wie das Boxtraining, wie Ingwersen sagt: “Wir sind sicher, dass ihm eine große Boxkarriere bevorsteht, wenn er so weitermacht.” Vergangenes Jahr wurde er Berliner U17-Meister.
“Sports for more” wurde 2017 gegründet und kombiniert Jugendsozialarbeit mit leistungsorientiertem Boxtraining. Seit 2021 ist der Verein freier Träger der Jugendhilfe. Eines der vielen Angebote des Vereins ist “United Boxing”, das sich besonders an jugendliche Geflüchtete, Mädchen sowie junge Menschen mit Migrationsgeschichte richtet. “Unsere Trainer sind auch Pädagogen”, sagt Ingwersen.
Und so bietet der Verein neben dem Sport zusätzlich Nachhilfe oder Hausaufgabenbetreuung an – “gerne auch mal in den Räumlichkeiten beim Bäcker gegenüber”. Für viele der Jugendlichen biete der Verein Orientierung und sei ein großer Halt. “Sports for more” komme auch direkt in die Unterkünfte für Geflüchtete, um auf das Angebot aufmerksam zu machen. Normaler Regelbetrieb ist in der Trainingshalle in Berlin-Kreuzberg, im Alten Waschhaus.
Um mit den geflüchteten Jugendlichen ins Gespräch zu kommen, hat die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Anna-Nicole Heinrich, den Verein auf einer Sommertour nun bei einem Training besucht. Und sie fordert: “Menschen in Verantwortung müssen das Gespräch mit den betroffenen Jugendlichen suchen, ihnen zuhören”. Weiter sagt Heinrich der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): “Sie müssen sich kritischen Fragen stellen, ohne deren Beantwortung auf die Jugendlichen zu schieben.”
Bei ihrer Tour durch Deutschland will sie ganz bewusst mit geflüchteten Jugendlichen über ihre Erfahrungen sprechen. “Ich habe sehr unterschiedliche Gruppen an jungen Menschen erlebt – sie alle haben etwas zu sagen. Sie haben aber nicht das Gefühl, dass ihre Meinungen und Erfahrungen wertgeschätzt werden”, so Heinrich bei ihrem Stopp bei “Sports for more”. “Viele denken sich: ‘Ich kann ja sowieso keinen Unterschied machen.’ Und das finde ich hochproblematisch, denn junge Menschen können wirklich etwas zu den Debatten beitragen.”
Heinrich legt bei ihrem Besuch auch selbst die Boxhandschuhe an, schlägt auf einen hängenden Sandsack. Für sie besteht in Deutschland noch Handlungsbedarf bei der Integration. In der Fläche gelinge zwar schon viel, “aber wenn ich höre, wie der Alltag von vielen jungen Ukrainern aktuell ist, müssen wir weitermachen”. Einige Jugendliche hätten auf Heinrichs Tour etwa erzählt, dass sie wegen ihrer Kriegserfahrungen verspottet werden. “Ankommen hört nicht bei einer gefundenen Unterkunft auf.”
Zudem sei auch die Hilfe in der Ukraine selbst wichtig. Dort könnten kirchliche Hilfsorganisationen wie die Diakonie Katastrophenhilfe oder Brot für die Welt viel leisten. Viel werde auch bereits getan. “Das fordern auch die Jugendlichen aus der Ukraine.” Oft höre sie: “Denkt an unsere Landsleute, die noch dort sind!”