Bundestagspräsidentin Julia Klöckner hat beim Protestantentreffen in Hannover ihre Kritik an den Kirchen verteidigt. Die CDU-Politikerin stellte sich am Samstag beim evangelischen Kirchentag der Diskussion um ihre Aussagen von Ostern, wonach sie sich von den Kirchen weniger Stellungnahmen zu tagesaktuellen Themen erhoffe. Die Kirche müsse sich zu Sinnfragen äußern, bekräftigte Klöckner auf dem „Roten Sofa“ der evangelischen Publizistik.
Klöckner sagte über die Kirche: „Sie darf keine Partei sein.“ Kirche müsse ein Tick mehr sein als eine Nichtregierungsorganisation: „Und das Tick mehr sein, ist der Glaube.“ Die Bundestagspräsidentin hatte sich zu Ostern in der „Bild am Sonntag“ von den Kirchen mehr Sinnstiftung und weniger Stellungnahmen zu tagesaktuellen Themen gewünscht. Ihre Äußerungen stießen auf teils scharfen Widerspruch. Vor dem Kirchentagspublikum ergänzte die Katholikin, sie wünsche sich lautere Töne von der Kirche, wenn es um Fragen wie den Schutz des ungeborenen Lebens oder die Sterbebegleitung gehe.
Die Synodenpräses der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Anna-Nicole Heinrich, sagte in der Diskussion mit der Bundestagspräsidentin: „Wir dürfen nicht anfangen, geistiges Leben und christliche Positionierungen gegeneinander aufzurechnen.“ Menschen träten keineswegs aus der Kirche aus, weil sich diese positioniere: „Die Menschen erwarten es, dass wir uns einsetzen, für diejenigen, die sonst keine Stimme haben.“
In einer Bibelauslegung hatte Klöckner, die unter anderem katholische Theologie studiert hat, zuvor davor gewarnt, Ängste in der Bevölkerung zu politischen Zwecken zu instrumentalisieren. „Angst befreit nicht, Angst verkleinert und schnürt ein“, betonte sie. Die Bundestagspräsidentin betonte: „Ein ganzes Volk permanent in Angst zu versetzen, das ist nicht nur unglaubwürdig, das ist auch unchristlich.“
Mit stehenden Ovationen empfing das Kirchentagspublikum am Vormittag die US-amerikanische Bischöfin Mariann Edgar Budde aus Washington. Die 65-Jährige erinnerte in ihrer Bibelarbeit an die tragende Rolle von Frauen zu Beginn des Christentums. „Auch die Frauen waren Jünger“, sagte Budde vor rund 4.300 Menschen in der voll besetzten Messehalle.
Budde war mit einer Predigt am Tag nach der zweiten Amtseinführung von Donald Trump weltweit bekannt geworden. Darin rief sie den anwesenden US-Präsidenten auf, Erbarmen und Mitgefühl mit den Schwächsten zu zeigen. Beim Kirchentag wies sie auf die lebensverändernde Kraft des Christentums hin. Es gelte, in jedem Leben auf die innere Kraft zu vertrauen und das Richtige zu tun.
Die frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, rief zu mehr Gottvertrauen in einer kriegs- und krisengeprägten Zeit auf. Vor rund 5.000 Menschen sagte sie, die Auferstehung Jesu könne den Mut geben, für eine bessere Welt einzustehen. Jesus habe eine „Kontrastgesellschaft“ zu einer kriegerischen Welt entworfen, sagte die ehemalige hannoversche Landesbischöfin. Eine solche Welt biete „Machotypen“ wie US-Präsident Donald Trump oder dem russischen Präsidenten Wladimir Putin keine Bühne.