Nach mehr als sechs Monaten im Kirchenasyl in Brandenburg ist die Abschiebung eines russischen Kriegsdienstverweigerers nach Polen abgewendet. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge habe in der vergangenen Woche mitgeteilt, dass ab sofort das aktuelle Aufnahmeland Deutschland für das Asylverfahren zuständig sei, sagte Pfarrer Sven Täuber dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Neuenhagen bei Berlin. Nikita R. habe das Kirchenasyl deshalb vor wenigen Tagen verlassen und lebe nun wieder bei seiner Mutter in Berlin.
Das Asylverfahren laufe jetzt in Berlin, sagte Täuber. Dort habe Nikita R. vor Gewährung des Kirchenasyls der evangelischen Gemeinde Neuenhagen gelebt. Der junge Mann sollte zuvor gemäß den sogenannten Dublin-Regelungen nach Polen abgeschoben werden, weil Polen das erste EU-Land war, in das er eingereist ist. Täuber sagte, der Kriegsdienstverweigerer habe dort gearbeitet, als er seine Einberufung als Reservist zum russischen Militär erhalten habe.
Nun beginnt das eigentliche Asylverfahren in Deutschland
Täuber betonte, die Entscheidung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge sei „leider nur ein Teilerfolg“. Nun beginne das eigentliche Asylverfahren in Deutschland. Reservisten, die der Einberufung nicht Folge leisten, würden dabei in der Regel als „Wehrdienstentzieher“ eingestuft und hätten nur geringe Chancen auf eine Anerkennung.
Das Kriegsdienstverweigerungs-Netzwerk Connection forderte die Bundesregierung auf, Deserteuren und Kriegsdienstverweigerern aus Russland Flüchtlingsschutz zu gewähren. Bei einer Abschiebung drohe ihnen dort der zwangsweise Einsatz im Krieg gegen die Ukraine.