Dieser Moment, wenn er und rund 200 weitere Ritter in ihren schwarzen Mänteln mit den weißen achtspitzigen Kreuzen in die Kirche einziehen – für Johanniter-Ritter Felix von Waldow ist das mitsamt dem Gottesdienst jedes Mal der Höhepunkt der pommerschen Rittertage. „Das achtspitzige Kreuz steht für die Seligpreisungen, und unsere Mäntel zeigen: Vor Gott sind wir alle gleich“, erklärt der 59-Jährige, der seit 25 Jahren dem evangelischen Orden angehört, seit zwei Jahren die Pommersche Genossenschaft des Ordens als „Kommendator“ leitet.
Aber vor allem seien sie alle geeint durch ein Ziel – das gleiche, das die Johanniterritter schon vor über 900 Jahren bei ihrer Gründung in Jerusalem hatten: „Wir wollen aus dem christlichen Glauben heraus Bedürftigen helfen “, erklärt von Waldow. „Dadurch haben wir ein ganz starkes Zusammengehörigkeitsgefühl.“
260 pommersche Johanniter leben verstreut in ganz Deutschland
Mitte Mai war Rittertag in Anklam und Ducherow: das jährliche Wochenendtreffen der rund 260 pommerschen Johanniter, die verstreut in ganz Deutschland leben, Jahr für Jahr mit ihren Familien an wechselnden Orten zusammenkommen. Neben den üblichen Vorträgen, Andachten, der Mitgliederversammlung, Ausflügen und einem Abschlussgottesdienst gab es eine Besonderheit: Dem Diakoniewerk in Ducherow, das sich um Hunderte Menschen mit Behinderung, Pflege- und Betreuungsbedarf kümmert, haben die pommerschen Johanniter vertraglich zugesichert: In den nächsten zehn Jahren werden sie jeweils 20 000 Euro pro Jahr beisteuern.

„Unser Freundeskreis sammelt dafür Spenden: unter den Johannitern, anderen Privatleuten und Unternehmern“, erklärt Felix von Waldow. Denn schon seit mehr als 100 Jahren gebe es eine enge Verbindung zum Diakoniewerk: Die Diakonissenanstalt Bethanien in Stettin, in deren Rechtsnachfolge das heutige Diakoniewerk Ducherow steht, wurde im 19./20. Jahrhundert bereits von Johannitern finanziell gefördert. Ebenso die Missions- und Waisenstiftungen zu Ducherow, die zweiten Wurzeln des Diakoniewerks. 1992 gründete sich der Johanniter-Freundeskreis, der die Arbeit in Ducherow bis heute ideell und finanziell unterstützt. Seit Jahren packen pommersche Ritter, die sich sozialdiakonisch auch in Polen und anderswo engagieren, beim jährlichen Sommer-fest des Diakoniewerks mit an: fahren etwa Menschen im Rollstuhl auf dem Festgelände spazieren, singen mit ihnen, verbringen Zeit mit ihnen.
“Man sieht die Welt danach mit anderen Augen”
„Das erdet“, sagt Felix von Waldow, der im Alltag Geschäftsführer eines Luftrettung-Unternehmens in Hessen ist. „Wenn wir aus Ducherow wieder wegfahren, weiß ich nie, wer wem mehr geholfen hat: wir den Menschen mit Einschränkungen oder sie uns“, sagt er. „Man sieht die Welt danach mit anderen Augen. Und die Dankbarkeit, die einem entgegenschlägt, macht zufrieden.“
Pastor Kai Becker, Vorsteher des Evangelischen Diakoniewerks Bethanien in Ducherow, freut sich über die enger gewordene Beziehung zwischen dem Diakoniewerk und den pommerschen Johanniterrittern. „Ich erlebe sie als höchst engagiert und unseren Bewohnerinnen und Bewohnern sehr zugewandt“, sagt er. 2022 hätten sie mit dem Diakoniewerk bereits einen Freundschafts-vertrag geschlossen, jetzt noch den Zusatzvertrag über die finanzielle Hilfe. „Das ist für uns unglaublich wertvoll.“ Weil die staatliche Refinanzierung im Diakoniewerk oft nur das Nötigste erlaube. „Mit den Johanniter-Spenden dürfen wir keine regulären Ausgaben finanzieren – aber zum Beispiel mal ein Musik- oder Zirkusprojekt mit den behinderten Menschen“, beschreibt der Pastor. „Auch über ein Projekt zur Taufe denken wir derzeit nach. “
Felix von Waldow sagt, wenn er mit Frau und Tochter vom Rittertag nach Hause fahre, sei er jedes Mal tief zufrieden – erfüllt von zwei Tagen voll geistlicher Gemeinschaft, tiefer Gespräche und geballtem Tatendrang. „Es macht einfach Spaß, in Gemeinschaft Gutes zu tun“, sagt er. „Zusammen kann man viel mehr bewegen als allein.“