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Hoffnung auf neue Töne

Der Wahlsieg Donald Trumps hat auch viele Kirchenvertreter schockiert. Wie seine Politik aussehen wird, ist allerdings noch offen. Deshalb gibt es auch Mahnungen zur Gelassenheit

picture alliance / AP Photo

BIELEFELD – Unmittelbar nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses gab sich der zukünftige amerikanische Präsident Donald Trump zwar versöhnlich und in den ersten Interviews ruderte er in einigen Punkten sogar gegenüber seinen Wahlkampfaussagen zurück. Trotzdem: Der Schock über seinen Wahlsieg sitzt tief, vor allem in Europa. Auch deutsche Kirchenvertreter zeigten sich erschreckt von dem Ausgang der US-Präsidentschaftswahlen.

Aufwind für rechten Populismus in Europa

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, erklärte am Rande der in Magdeburg tagenden EKD-Synode, die  Aussagen von Donald Trump im Wahlkampf seien so spalterisch und so abwertend gegenüber anderen Menschengruppen gewesen, „dass man Sorge haben muss, wenn Donald Trump jetzt diese politische Macht hat“. Er hoffe, dass Trump im Amt nicht dieselben Töne anschlagen werde wie im Wahlkampf. Die EKD-Auslandsbischöfin Petra Bosse-Huber sagte, die Wahl werde nicht  nur die Vereinigten Staaten, sondern auch die ganze Welt verändern.
Mit Sorge reagierte auch der evangelische Friedensbeauftragte Renke Brahms auf die politische Entscheidung der US-Amerikaner. Die Wahl Trumps könnte auch Auswirkungen auf die politische Kultur in Europa haben. „Ich fürchte, dass die rechtspopulistischen Strömungen und Parteien durch die USA-Wahl Aufwind bekommen und sich noch dreister ähnlicher Rhetorik bedienen“, sagte er. Dies werde die „schweigende Mehrheit“ ermutigen, populistische Parteien zu unterstützen. Soziale Spannungen könnten zunehmen und der innere Frieden brüchiger werden.
Der evangelische Militärbischof Sigurd Rink wertet den Sieg Donald Trumps bei der US-Präsidentenwahl als „böses Erwachen“. Nun müsse man „darauf setzen, dass demokratische Ideale und die Administration in Washington politische Alleingänge verhindern“, erklärte Rink in Berlin. Er verstehe, dass die USA von Deutschland mehr internationale Verantwortung einfordern. Das dürfe aber nicht dazu führen, dass die Bundeswehr in weitere Einsätze geschickt wird, deren Verlauf und Ziele unkalkulierbar bleiben. „Die Bundeswehr bleibt eine Armee zum Erhalt des Friedens“, sagte der oberste evangelische Seelsorger für die Soldaten der Bundeswehr.
Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, äußerte die Hoffnung, dass „vieles nicht so heiß gegessen wie gekocht“ werde. „So dumm, wie einige Sätze von Trump im Wahlkampf waren, kann dieser Mann eigentlich gar nicht sein“, sagte er. Für künftige Debatten, etwa über den Umgang mit Muslimen, gelte es zu differenzieren.
Der Berater der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Klaus Stüwe, rief zur Gelassenheit auf. „Der amerikanische Präsident ist nicht allmächtig“, sagte der Vizepräsident der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. „Es wird keineswegs so schlimm werden, wie sich das manche in ihren Alpträumen ausgemalt haben.“
Auch der neue Präsident werde sich in das System der amerikanischen Verfassung eingliedern, fügte Stüwe hinzu. Seine politischen Positionen seien allerdings schwer abzuschätzen. „Es sind so viele Widersprüchlichkeiten in seinen Äußerungen dabei, dass es einem nicht leichtfällt, Prognosen abzugeben.“

Gemeinden wollen Spaltung überwinden

In den USA selbst kamen viele christliche Gemeinden rund um die Wahl zu besonderen Gottesdiensten zusammen. „Der Geist der Spaltung“ sei auch in die Kirchen eingedrungen, hieß es in einem Gebetsaufruf der Initiative „Election Day Communion“ (Gemeinschaft am Wahltag). Rund 350 Gemeinden haben sich dem Appell „Wir sind eins in Christus, gleich, wie wir wählen“ angeschlossen. Viele christliche Gemeinden in den USA hoffen auf einen Neuanfang.
Mehr als vier Fünftel der weißen Evangelikalen in den USA hatten ihre Stimme Donald Trump gegeben. epd/KNA/hei