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Göttliche Wege auf dem Fußballplatz

UK 28/2018, Vorbilder/Fußball (Leitartikel Seite 1: „Eine Schule fürs Leben“)
Ich habe den Leitartikel gerne gelesen, weil er positive Aspekte des Massenspektakels Weltmeisterschaft in einen angemessenen sozialen Kontext stellt.
Ich selbst bin Fußballfan, aber als Christ verursacht mir jegliche Erwähnung eines „Fußballgottes“ natürlich leichtes seelisches Sodbrennen. Allerdings lässt sich bei genauerer Betrachtung subjektiv spüren, dass ein Hauch des Heiligen Geistes durchaus durch ein Stadion wehen kann.
Andererseits: Ein gewisser Diego Armando Maradona – ein an sich begnadeter Ballkünstler – erzielte 1986 ein Tor mit dem verlängerten Unterarm und sprach nachher von der „Hand Gottes“. Blasphemischer geht es kaum.
Ich möchte nicht vermessen erscheinen, habe selber die Suppe der Weisheit nur mit Gabeln gefressen, doch dann und wann ergeben sich einem kurze Wege Gottes intuitiv, auch im Fußball: 1978 sagte ein deutscher Nationalspieler (Berti Vogts), er habe während der Weltmeisterschaft keine politischen Gefangenen gesehen. Das hing vermutlich damit zusammen, dass die Folterknechte der damaligen argentinischen Militär-Junta ihre Opfer nicht auf dem deutschen Trainingsgelände herumtollen ließen. Jedenfalls erlitt die deutsche Mannschaft eine üble Schmach gegen Österreich.
Ich bin kein religiöser Hardliner, aber beinahe scheint es, als habe die transzendente Androhung aus Mattthäus 12, 36 („Ich sage euch aber, dass die Menschen Rechenschaft geben müssen am Tage des Gerichts von jedem nichtsnutzigen Wort, das sie reden.“) bereits eine weltliche Entsprechung auf dem grünen Rasen gefunden.
Auch stößt man bei der Lektüre der Bibel zwangsläufig auf Stellen, die ermahnen, dass man seinen Nächsten nicht belügen, verarschen oder für dumm verkaufen soll. Im Fußballgeschäft hat das Franz Beckenbauer auf eher lächerliche Weise versucht: Anlässlich der WM-Vergabe an Katar betonte er, keinen Sklaven gesehen zu haben. Wahrscheinlich haben die Verantwortlichen die ausgebeuteten, ausgemergelten Fremdarbeiter nicht in der Suite im Luxushotel des „Kaisers“ paradieren lassen.
Angesichts solch fragwürdiger Beispiele kann der Fußball wirklich eine „Schule fürs Leben“ sein. Aber auch für die ideale Maximalforderung des Autors nach einer „edlen, uneigennützigen Gesinnung“ zeigen sich Ansätze. Und ganz zum Schluss: Bei dieser Weltmeisterschaft gab es schon eine Art Wunder: England hat ein Elfmeterschießen gewonnen.
Michael Hof, Bad Berleburg