Artikel teilen:

Görlitzer Posaunenchöre seit 70 Jahren aktiv

In Görlitz gibt es gleich mehrere Posaunenchöre, die unüberhörbar in Kirchen und in der Stadt sind. Am 10. September 2023 werden zwei Jubiläen der Chöre gefeiert.

Drei Mitglieder der Posaunenchöre in Görlitz mit ihren Instrumenten
Drei Mitglieder der Posaunenchöre in Görlitz mit ihren InstrumentenAndreas Kirschke

In schwieriger Zeit entstand 1953 der Posaunenchor der Görlitzer Frauenkirche. „Instrumente waren kurz nach dem Krieg noch rar. Kirchenmusik hieß vor allem Orgel und Kirchenchor. Nicht jeder Kantor begrüßte die Einbindung der Bläser. Das war erst eine Entwicklung“, schildert Renate Pissang, Vorsitzende des Vereins zur Förderung der Posaunenchorarbeit in der schlesischen Oberlausitz e. V.

Hinzu kam die kirchenfeindliche Politik der DDR-Staatsmacht. „Unser Posaunenchor wurde von einem jungen Mann vom Posaunenchor der Stadtmission gegründet, ich kam als letzter dazu, als siebenter“, erinnerte sich vor Jahren Helmut Schubert (1969–2006), damals Leiter des Chores. Knapp 40 Bläser lernte er im Lauf der Zeit intensiv an, gab ihnen Freude am Musizieren mit. Seine Grundüberzeugung war: Wie das Brot, das man braucht, ist der Choral. Ihn zu blasen, ist für einen Posaunenchor elementar.

Posaunenchöre in Altenheimen und in der Stadt aktiv

Schwierig wurde es für den Chor in den 1960er Jahren. Denn ein Großteil der Bläser ging zur Armee oder zum Studium. Helmut Schubert stellte den Chor binnen zwei Jahren wieder neu auf. 2006 gab er die Leitung an Gotthard und Renate Pissang ab. Mehr und mehr wirkte der Chor auch nach außen. Heute musiziert er außer zu Gottesdiensten, Trauungen und Beerdigungen auch bei Festen in der Stadt sowie in der Görlitzer Frauenkirche und in Alten- und Pflegeheimen. „Erstaunlich ist, was das mitunter in den Senioren auslöst. Wir wecken Erinnerungen bei ihnen, wir öffnen sie wieder für den Glauben“, sagt Gotthard Pissang und betont: „Wir tragen unsere Musik gern in die Gemeinschaft.“

Gerade Posaunenchöre sind vielfältig einsetzbar. Sie spielen nicht nur Choräle oder Volkslieder. „Posaunenchöre sind wie Allwetterorgeln“, meint Maria-Ruth Schäfer. Seit 2022 leitet sie mit Heiner Morgenstern den Posaunenchor Frauenkirche. Dieser zählt heute 17 Mitglieder im Alter zwischen 11 und 85 Jahren. „Gerade in die Nachwuchsfindung und in die Nachwuchsbetreuung stecke ich viel Energie. Herausforderung ist auch, die Generationen zusammenzuhalten“, sagt Schäfer.

„Jeder soll sich einbringen. Jeder soll Ideen mit entwickeln. Wir sind ein Gemeinschaftswerk.“ Ein besonderes Erlebnis für den gesamten Chor war die Teilnahme am Deutschen Evangelischen Posaunentag 2008 in Leipzig. Etwa 16 000 Bläser trafen sich dort. Weit hörbar bezeugten sie ihren Glauben an Gott. Einige der Bläser waren 2016 in Dresden beim zweiten großen bundesweiten Bläsertreffen dabei. Anmeldungen zur Teilnahme am Posaunentag vom 3. bis 5. Mai 2024 in Hamburg gibt es schon. Die Freude auf diesen Treffen wirkt lange nach und in die Heimatposaunenchöre und -gemeinden hinein.

Menschen für Posaunenchor begeistern

Die Bläser der Görlitzer Frauenkirche sind dankbar für 70 Jahre gemeinsames Tun über Generationen hinweg. Sie hoffen, dass sich immer wieder Menschen einladen lassen, im Posaunenchor mitzumachen. Jubiläum feiert in diesem Jahr zugleich der Posaunenchor der Lutherkirche in Görlitz. 1963 rief ihn der damalige Landesposaunenwart Waldemar Schulz ins Leben unter starker Beteiligung von Diakon Rölke. Geprobt wurde in der Bautzener Straße“, erzählt Hans Joachim Reusch. Er war damals noch Chorleiter im Posaunenchor Christuskirche in Görlitz-Rauschwalde. Waldemar Schulz fragte ihn, ob er künftig den Posaunenchor der Lutherkirche leiten könne. Reusch willigte 1978 ein. „Es stießen noch einige Bläser der umliegenden Posaunenchöre zu uns, so dass wir blasfähig waren“, erzählt er.

„Ein Höhepunkt für mich war die Leitung der Bläser zur Einweihung des Neugusses des Lutherdenkmals 1983 mit circa 60 Bläsern. 1984 zum Landesposaunenfest im nördlich von Görlitz gelegenen Rothenburg nahmen auch Bläser aus Bremen teil. „Daraus entwickelte sich eine bis jetzt erhaltene Freundschaft. Wir sind dankbar, dass sie so lebendig ist“, meint Hans-Joachim Reusch. Grundlage ist die gute Verbindung zwischen dem früheren Görlitzer Landesposaunenwart Johannes Alter und dem Bremer Verantwortlichen Werner Urban.

Zusammenarbeit der verschiedenen Chöre in Görlitz

Außer zu Gottesdiensten musiziert der Posaunenchor der Lutherkirche ebenfalls zu verschiedenen Anlässen – so ähnlich wie der Posaunenchor der Frauenkirche. „Die Zusammenarbeit mit den anderen Posaunenchören der Görlitzer Innenstadt-Kirchengemeinde, wozu noch der Posaunenchor der Stadtmission an der Dreifaltigkeitskirche gehört, klappt gut“, unterstreicht der Görlitzer. Derzeit gehören 9 Mitglieder zum Posaunenchor der Lutherkirche. Über Zuwachs würden die Bläser sich sehr freuen.

Info: Am 10. September, 10 Uhr findet ein Festgottesdienst in der Frauenkirche statt, um die Jubiläen „70 Jahre Posaunenchor Frauenkirche“ und „60 Jahre Posaunenchor Lutherkirche“ zu feiern. Bereits am 9. September finden an verschiedenen Orten in der Stadt Bläsereinsätze statt.

Andreas Kirschke ist freier Autor