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Gewalt im Kongo weitet sich aus

Im umkämpften Osten der Demokratischen Republik Kongo spitzt sich die Lage zu. Aus dem Nachbarstaat Ruanda werden die Konflikte zusätzlich angeheizt; das hat auch diplomatische Konsequenzen.

Der Osten der Demokratischen Republik Kongo wird von neuen Gewaltausbrüchen überzogen. So wurden nach Angaben des katholischen Hilfswerks “Kirche in Not” in einer Kirche in der Unruheprovinz Nord-Kivu jüngst über 70 Leichen gefunden. Unter den Todesopfern waren vor allem Frauen, Kinder und ältere Menschen. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen meldete zudem den gewaltsamen Tod eines ihrer Mitarbeiters im Land. In den Konflikt mit dem Nachbarland Ruanda hat sich inzwischen auch die alte Kolonialmacht Belgien eingeschaltet.

Bei den getöteten Menschen in der protestantischen Kirche im Dorf Lubero, die bereits am vergangenen Wochenende gefunden wurden, soll es sich demnach um Geiseln handeln, die drei Tage zuvor aus dem nahe gelegenen Dorf Maiba von islamistischen Terroristen der Allied Democratic Forces entführt wurden. “Wenn die Rebellen Geiseln nehmen, zwingen sie diese, mit ihnen zu kommen, entweder als Unterstützung für ihre Gruppe oder als Zwangsarbeiter. Diese Opfer waren wahrscheinlich nicht in der Lage, den Marsch zu überstehen”, so eine lokale Quelle von “Kirche in Not” laut Mitteilung der Organisation.

Am Samstag starb zudem ein Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen in einem Krankenhaus in der Provinzhauptstadt Goma. Der 49-jährige Mann wurde nach Angaben der Organisation am Donnerstag bei einem Schusswechsel zwischen zwei der in der Region operierenden Milizen tödlich verwundet. Schüsse trafen dabei eine Einrichtung der Hilfsorganisation.

Die Organisation verurteilte den Angriff auf humanitäre Einrichtungen und Helfer. “Leider sind solche Vorfälle in diesem Konflikt immer häufiger zu beobachten. Alle Konfliktparteien müssen sich daran erinnern, dass auch Kriege Regeln haben”, so die Mitteilung.

Die kongolesische Armee liefert sich in der Region Nord-Kivu regelmäßig Kämpfe mit islamistischen Milizen, die vom Nachbarstaat Ruanda unterstützt werden. Zuletzt hatte Anfang Februar die Rebellengruppe M23 die Millionenstadt Goma eingenommen und darauf einen einseitigen Waffenstillstand erklärt. Durch die Kämpfe zwischen Armee und Milizen mussten nach UN-Angaben bereits über eine halbe Millionen Menschen ihre Heimat verlassen und sind innerhalb des Landes auf der Flucht.

Das Vordringen der von Ruanda gesteuerten Rebellen hat inzwischen auch diplomatische Konsequenzen. Belgien kündigte an, die Beziehungen zu Ruanda zunächst einstellen zu wollen. Zudem solle die EU Hilfszahlungen an Ruanda überprüfen und wenn nötig zurückziehen.

Das Königreich Belgien und die Demokratische Republik Kongo verbindet eine gemeinsame Geschichte: Zwischen 1885 und 1960 unterstand das Land als Kolonie zunächst direkt dem belgischen König Leopold II. und ab 1908 dem belgischen Staat. Die sogenannten Kongogräuel zählen zu den schlimmsten Exzessen der Kolonialgeschichte. Millionen von Kongolesen starben durch die Gewalt der Kolonialmacht. Die diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Ländern gelten inzwischen aber als gefestigt.