Zwei Jubiläen feiern die Schwestern der Kommunität Zionsberg im westfälischen Scherfede: Das 50-jährige Bestehen ihrer Gemeinschaft und die Einweihung ihrer Kapelle vor 40 Jahren. Sie laden ein, am 10. September mit ihnen zu feiern.
Schon von Weitem ist der leuchtend gelbe Gebäudekomplex zu sehen. Mit dem zweiten Gang im Auto geht es gerade so – den Hügel hinauf, wo die Kommunität Zionsberg ihren Sitz hat. Das Gelände ist gepflegt. Blumen blühen, Sträucher und Kräuter – alles ist liebevoll angelegt.
Sechs evangelische Schwestern leben hier. Fünf von ihnen sitzen in ihrer grauen Tracht im Speisesaal, bereit, über ihre Kommunität zu berichten. Darüber, wie sie entstanden ist, wie das Zusammenleben klappt und auch darüber, was die Zukunft wohl bringen mag.
Sehnsucht nach kontemplativem Leben
Hervorgegangen ist die Kommunität aus der Diakonissengemeinschaft Bethel. „Schwester Dore Schellenberg war gewissermaßen die treibende Kraft zur Gründung“, sagt Schwester Margarete Bockwinkel (68). „Die Diakonissen haben sich um ein Werk geschart und soziale Arbeit war ihre Berufung.“ Doch das habe sich Ende der 1960er und Anfang der 1970er Jahre geändert.
Bei einigen Frauen ist damals der Wunsch entstanden, kontemplativ zu leben – gemeinsam zu beten und zu hören, was Gott ihnen als Lebensgemeinschaft für Aufgaben gibt. So entstand offiziell 1972 die Kommunität Zionsberg. „Es gab hier bereits Diakonissen. Die frühere Oberin wurde zur Priorin“, berichtet Schwester Margarete. Das Gebet ist zentral für die Christinnen. Es strukturiert den Tag. Die sechs Frauen zwischen 59 und 85 Jahren leben nach der benediktinischen Regel „ora et labora“ (bete und arbeite) in Armut, Keuschheit und Gehorsam.
„Wir haben uns an anderen Ordensgemeinschaften orientiert, besonders an den Schwestern im Kloster Pomeyrol in Frankreich und uns eine Struktur gegeben“, berichtet Schwester Ursula Metz (84). „Wir mussten uns ganz neu finden.“ Das war nicht immer einfach. „Wir haben viele Wege beschritten, die wir hinterher wieder verworfen haben.“ Schwester Ursula ist seit 1971 dabei. „Vor allem mussten wir lernen, einander stehenzulassen und uns nicht gegenseitig zu erziehen.“ Die anderen Schwestern nicken, manche lächeln. Da scheinen Erinnerungen wach zu werden.
„Wir haben gelernt, gemeinsam Entscheidungen zu treffen. Uns zu streiten und nichts unter den Teppich zu kehren – denn das kommt sonst zu den unpassendsten Zeiten zum Vorschein“, sagt Schwester Margot Petry (69). Den Schwestern ist es ein Anliegen, sich so zu verhalten, dass sie sich vor Gott verantworten können. „Wir gehen nicht zum Abendmahl, wenn wir zerstritten sind.“
Sie sehen eine Chance in der kleinen Gemeinschaft. „Wir haben uns manchmal sehr aneinander gerieben. Wir sind sehr verschieden. Aber wir ergänzen uns auch gut“, sagt Schwester Ursula. Sehr gewachsen ist die Gemeinschaft in all den Jahren nicht. Schwester Marika Haack ist mit ihren 59 Jahren die Jüngste. Sie feiert in diesem Jahr auch ein Jubiläum: Vor 25 Jahren wurde sie eingesegnet. Mehr als neun Schwestern gehörten nie zur Gemeinschaft.
Aufgaben sind auf die Schwestern verteilt
In der Anfangszeit gingen die meisten Schwestern einem Beruf nach. Sie lebten in der Gemeinschaft zusammen und gingen arbeiten, etwa in einem Kindergarten oder einer Beratungsstelle. Mit der Zeit wuchs die Gästearbeit immer mehr. Nach und nach stiegen immer mehr Schwestern dort mit ein. Bis heute sind die Aufgaben klar verteilt. Von der Büroarbeit über die Pflege des Gartens bis hin zur therapeutischen Seelsorge und geistlichen Begleitung.
„Wir wollen den Menschen einen Ort geben, wo sie Gott erleben und ihm begegnen können“, sagt Schwester Marlis Bethlehem (81). Viele Menschen sind auf den Zionsberg gekommen, um hier mitzuleben. Manche ein paar Tage, andere bis zu einem Jahr. Auch Konfirmanden- und Jugendgruppen kamen in all den Jahren für Freizeiten nach Scherfede. Corona hat für einen gewaltigen Einbruch gesorgt. Das spüren die Schwestern auch finanziell.
„Ohne unseren Freundeskreis hätte es in der Corona-Zeit mau ausgesehen“, sagt Schwester Margot. Die Kommunität finanziert sich in erster Linie aus Spenden. „Da ist die Frage, wie sich das weiterentwickelt, denn wo nun alles teurer ist, haben die Menschen auch nicht mehr so viel Geld für Spenden übrig.“ Etwas Geld kommt auch durch Renten in den Topf der Schwestern. „Doch weitestgehend finanzieren wir uns über Spenden.“
Die Kommunität gehört zur Evangelischen Kirche von Westfalen. Alle Schwestern haben die Ausbildung zur Prädikantin. „Bis vor Corona haben wir im Dorf und in den Gemeinden in der Umgebung oft Gottesdienste gehalten“, sagt Schwester Marika. Sie sind mit den Pfarrerinnen und Pfarrern in einem guten Kontakt. „Auch unsere ökumenischen Kontakte sind uns wichtig. Die haben sich im Laufe der Jahre immer mehr ausgeweitet.“
Dass die Schwestern fest im Leben und im Glauben verankert sind, zeigt sich auch daran, dass sie die Augen vor der Zukunft nicht verschließen. „Bis 2025 wollen wir noch Gästearbeit machen“, sagt Schwester Ursula. Dann soll eine andere Lösung für das Gästehaus gefunden werden. „Wir schaffen das nicht mehr – Gästearbeit, das große Grundstück samt Garten pflegen. Das geht nicht.“
Hoffnung, auf dem Berg bleiben zu können
Ihr größter Wunsch ist es, dass der Zionsberg weiterhin Möglichkeiten bietet, Gott zu begegnen. „Wir suchen Menschen, eine Gruppe, die das hier alles übernimmt und es geistlich weitergeht“, meint Schwester Margot. Die Hoffnung der Schwestern ist es, dass sie weiter dort leben und ihre geliebte Kapelle nutzen können. „Wir können uns auch vorstellen noch da mitzuarbeiten, wo wir gebraucht werden. Etwa in der geistlichen Begleitung.“
Interesse an dem Gelände gibt es durchaus. Allerdings sind darunter auch esoterische Gruppen. „Das wollen wir auf keinen Fall.“ Bis 2025 ist noch etwas Zeit. Die Kommunität hofft, dass bis dahin noch viele Gruppen und Einzelgäste auf den Berg kommen. Und, dass sich in den Jahren eine Perspektive ergibt, wie es gut weitergehen kann.
Doch erst einmal wird gefeiert. Die Frauen freuen sich auf den Jubiläumstag am 10. September. Die Feier startet um 11 Uhr mit einem Gottesdienst in der katholischen Vincentius Kirche. Anschließend gibt es einen Mittagsimbiss und später gemütliches Beisammensein bei Kaffee und Kuchen. Gäste können über den kleinen Bazar bummeln, sich über den Kapellenbau informieren, Heilsalbe kaufen, Singen, den Meditationsweg gehen und sich austauschen über viele gemeinsame Erlebnisse.