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Fremd und zu Hause

Mit Beginn dieses Kirchenjahres führte die EKD die neue Ordnung der Gottesdienstlichen Texte und Lieder ein. Im „angesagt“ stellen wir die darin neu vorgeschlagenen Wochenlieder vor. Ich sage Ja zu dem, der mich erschuf Evangelisches Gesangbuch. Ergänzungsband 10 Alexander Höner zum neuen Wochenlied

Von Alexander Höner

Ich stehe am Taufbecken. Lange war der Gedanke in Kopf und Herz herumgewandert. Keine eindeutige Sache. Mehr Sehnsucht als Gewissheit. „Komm, Heiliger Geist, sei in dem, was wir hier tun“, höre ich das Gebet. Vielleicht hätte ich doch ein paar Freunden Bescheid sagen sollen. Es ist komisch so allein hier vorne. Alle schauen einen an. Durch das Wasser schimmert ein holzbeplanktes Boot, gelegt aus Mosaiksteinen. Auf dem Rand des Beckens Gänseblümchen. Kühle auf meiner Stirn. Drei Mal. Das Kreuzeszeichen. Plötzlich wird alles langsamer. Sekundenglück. „Frei sein und mit dabei sein“, singen die Bremer Stadtmusikanten in meinem Kopf. Es wird übertönt von einer anderen Melodie und die Gemeinschaft singt mir zu: „Ich sage Ja zu dem, der mich erschuf.“ Für mich ist das Lied neu. Sperrig, so viele Substantive, die Melodie eher tief und melancholisch. „Hass, Gewalt und Menschenlist (…) in einer Welt voll Hunger, Angst und Leid“ – sicher, die Welt ist in Teilen so. Aber ich persönlich erlebe sie gerade überwiegend anders. Zum Glück spüre ich noch die Kühle des Wassers auf meiner Stirn. Mir kommt der erleichternde Gedanke: Mein kleiner, windschiefer Glaube ist nicht der Maßstab für alles. Das Lied passt nicht zu meinem Leben. Es setzt einen Schwerpunkt, der nicht meiner ist. Aber Bekenntnislieder wie diese haben mehr im Blick. Sie sind die Verwaltungsbeamten unseres Glaubens und übersteigen meinen individuellen Lebenskontext. Sie haben keinen leichten, bunten Federschmuck, ihre Worte sind gewichtig, mit viel Lebenserfahrung gewählt. Ich spüre: Kirche ist mir oft fremd und gleichzeitig möchte ich in ihr beheimatet sein. Deshalb singe ich die letzte Strophe mit, nicht ganz überzeugt. Aber das muss man ja auch nicht immer sein. „Ein andres Ja schon längst gesprochen ist.“