Franziskus wollte in der Marienbasilika Santa Maria Maggiore beigesetzt werden. Das ist für die jüngere Papstgeschichte sehr ungewöhnlich – aber folgerichtig.
Papst Franziskus wollte in der römischen Marienbasilika Santa Maria Maggiore beigesetzt werden. Man mag sich darüber wundern – aber man muss es nicht. Denn der marienfromme Franziskus hat diese Kirche – eine der vier römischen Papstbasiliken – immer und immer wieder besucht; schon am allerersten Tag nach seiner Wahl. Und schon am Wahlabend kündigte er an, er werde das Bistum Rom der Fürsprache der Muttergottes anvertrauen.
Vor jeder seiner Auslandsreisen betete Papst Franziskus an dem vermutlich spätantiken Marienbildnis “Salus Populi Romani” (Beschützerin des Römischen Volkes); zuletzt am Vorabend des Palmsonntags. Und es gab dort noch einen weiteren geistlichen Anknüpfungspunkt für den Papst der Armen: Santa Maria Maggiore war die Lieblingskirche eines seiner Vorgänger im Geiste.
In schlichter weißer Soutane trug der Jesuit Franziskus im März 2013 das franziskanische Armutsideal in den Vatikan. Und fast genau 725 Jahre zuvor hatte erstmals ein Franziskaner den Papstthron bestiegen: 1288 bestimmten die in Rom versammelten Kardinäle den Ordensgeneral Girolamo Masci d’Ascoli zum Nachfolger Petri. Er nannte sich Nikolaus IV. Seine Grablege fand er 1292, vier Jahre später – in Santa Maria Maggiore.
Im April 1287 war Honorius IV. gestorben – und das Kardinalskollegium blieb zurück, heillos zerstritten. Als dann in der römischen Sommerhitze noch sechs Kardinäle starben und viele weitere erkrankten, verließen die Wähler die Stadt. Nur einer hielt die Stellung: der Generalobere der Franziskaner. Am Ende fiel die Wahl bei einem neuen Anlauf schließlich einstimmig auf Girolamo Masci – nur: der lehnte ab. Erst als er eine Woche später erneut zum Papst bestimmt wurde, gab er nach.
Nikolaus IV. wurde Kirchenoberhaupt in einer Zeit des Umbruchs: der Wanderprediger und der Verfolgung von “Irrlehrern”. Man verbindet das ausgehende 13. und beginnende 14. Jahrhundert mit dem sogenannten Armutsstreit zwischen der römischen Kirchenleitung und den franziskanischen Spiritualen, die zurückkehrten zum radikalen Gründungsideal des heiligen Franziskus: der Armut. Im Kern stand die Frage: Wenn Jesus keinen privaten Besitz hatte, muss dann nicht auch die Kirche arm sein? Der Konflikt wird in Umberto Ecos Roman “Der Name der Rose” anschaulich erörtert.
Unter Nikolaus IV., dem Franziskanerpapst, ist dieser Streit noch nicht offen ausgebrochen. Allerdings versuchte er, die außerhalb der sogenannten Bettelorden stehende Bußbewegung einzubinden. Erst unter Nikolaus’ Nachfolger, dem berühmten Cölestin V., der 1294 die Papstkrone ablegte, um wieder Eremit sein zu können, nahm die Auseinandersetzung um die “Armut Christi” gesamtkirchliche Dimensionen an.
Nikolaus IV. förderte die Universitäten von Paris und Bologna. Erfolgreich war er in der Mission: 1289 sandte er einen Ordensbruder an den mongolischen Hof. Aus dieser Gesandtschaft entstand die katholische Kirche in China; der Franziskanermissionar wurde 1307 erster Erzbischof von Peking. Auch in den Nahen Osten und auf den Balkan schickte Nikolaus IV. Missionare. Der erste Franziskaner auf dem Stuhl Petri: Auch mit seinem Interesse an China hat er in Franziskus nach fast einem dreiviertel Jahrtausend einen besonderen Nachfolger gefunden.
Franziskus wird der siebte Petrus-Nachfolger sein, der in Santa Maria Maggiore bestattet wird. Hier fanden auch Honorius III. (1216-1227), Pius V. (1566-1572), Sixtus V. (1585-1590), Clemens VIII. (1592-1605), Paul V. (1605-1621) und Clemens IX. (1667-1669) ihre Grablege; letztere alle, während sich gerade der “neue” Petersdom im Bau befand. Das Grabmal von Honorius III. wurde allerdings bei Umbauarbeiten zerstört und ist nicht mehr auffindbar. Gian Lorenzo Bernini (1598-1680), der Schöpfer der Kolonnaden am Petersplatz, ist rechts hinter dem Papstaltar beigesetzt.