Katholische Flüchtlingshelfer blicken mit großer Sorge auf die Richtung, in die die Migrationspolitik derzeit geht. Zum Weltflüchtlingstag mahnen sie, die Menschen hinter den Zahlen nicht zu übersehen.
Kurz vor dem Weltflüchtlingstag am Freitag kritisiert der Jesuiten-Flüchtlingsdienst Deutschland die aktuelle politische Debatte um Flucht und Migration deutlich. “Es gibt eine zunehmende Entsolidarisierung und wachsende Erbarmungslosigkeit in der Politik gegenüber Flüchtlingen”, sagte der Direktor der Organisation, Stefan Keßler, am Mittwoch in Berlin.
In der aktuellen Debatte gerieten die schutzbedürftigen Menschen immer mehr aus dem Blick, warnte Keßler. “Es geht nur noch um Zahlen und Quoten. Dass dahinter einzelne Menschen stehen, kommt kaum noch vor.” Auch in der derzeitigen Diskussion um die Aussetzung des Familiennachzugs in bestimmten Fällen sieht er eine klare Schieflage: “Zentrale Werte unserer Gesellschaft wie der Schutz von Ehe und Familie werden über den Haufen geworfen, in der irrigen Annahme, damit mehr Wählerstimmen zu gewinnen.”
Diesem Trend setze der Jesuiten-Flüchtlingsdienst gemeinsam mit den Kirchen den Glauben und die Hoffnung auf Gerechtigkeit entgegen, so Keßler. Der Jesuiten-Flüchtlingsdienst in Deutschland wurde am 20. Juni, inzwischen der Weltflüchtlingstag, vor 30 Jahren gegründet. Zunächst betreute die Organisation in Berlin Menschen in Abschiebehaft.
Der Hamburger Erzbischof Stefan Heße verwies in einem Grußwort zum 30-jährigen Bestehen der Organisation auf die zuletzt auf 122 Millionen gestiegene Zahl von Flüchtlingen auf der Welt. Die Solidarität wachse mit dem Ausmaß des Unheils jedoch nicht mit, so der katholische Flüchtlingsbischof. Im Gegenteil gerate der Flüchtlingsschutz zunehmend unter Druck. “Autoritäre und rechtsextreme Tendenzen nehmen zu und internationale Verpflichtungen werden infrage gestellt.”
Nicht nur in den USA stehe der Kurs auf Abschottung und Egoismus, sondern auch in Europa und in Deutschland werde eine aufgeheizte Debatte geführt, “der es an Sachlichkeit mangelt und die stattdessen von Polarisierung und Rufen nach einfachen Lösungen geprägt ist”, schrieb Heße. Auch er argumentierte, dass es gefährlich sei, wenn Geflüchtete nur noch als anonyme Masse und Problem behandelt würden. Denn hinter den Zahlen steckten Menschen mit Gesichtern und Geschichten.