Artikel teilen:

Ethikerin: Akzeptanz für Entscheidung bei Organspende

Es fehlt an Spenderorganen, die Politik diskutiert deshalb die Widerspruchslösung zur Organspende. Ethikerrats-Mitglied Schlögl-Flierl will lieber der aktuellen Entscheidungslösung noch eine Chance geben.

Die Moraltheologin Kerstin Schlögl-Flierl pocht in der Diskussion um die Widerspruchslösung bei der Organspende auf Selbstbestimmung. Diese sei gesellschaftlich etwa beim assistierten Suizid oder beim Lebensanfang sehr wichtig, sagte das Mitglied des Deutschen Ethikrates im Interview mit dem Kölner Internetportal domradio.de (Mittwoch). “Aber jetzt beim Thema Organspende und Organtransplantation soll es auf einmal nicht mehr so wichtig sein?” Sie sei froh, dass die Organspende in Bundestag und Gesellschaft wieder diskutiert werde. Doch Schweigen als Zustimmung zur Spende zu werten, sei problematisch.

Schlögl-Flierl zeigte Verständnis, die Zahl der Organspenden erhöhen zu wollen. Eine Widerspruchslösung sei aber ein deutlicher Kulturwandel. Stattdessen plädierte sie dafür, der aktuellen Regelung mit aktiver Entscheidung für eine Spende noch eine Chance zu geben. “Wir haben ja vor vier Jahren entschieden, dass die Entscheidungslösung noch besser umgesetzt werden soll. Dann kam aber Corona dazwischen”, so die Theologin.

Öffentliche Infokampagnen seien in der Pandemie schwer umsetzbar gewesen. Es brauche aber genug staatliche Information sowie Akzeptanz für die persönliche Entscheidung: “Bei diesem Thema sollte man sehr sensibel sein, denn für viele sind die Organe Ausdruck der Identität des Menschen.”

Auch im Deutschen Ethikrat werde die Widerspruchslösung kontrovers gesehen. Einige Mitglieder seien dafür, andere dagegen. “Ich würde sagen, jede Person muss sich selbst fragen und entscheiden: Wie stehe ich selbst zum Thema Organspende? Das wäre mein Weg”, sagte Schlögl-Flierl.

Abgeordnete mehrerer Parteien hatten am Montag im Bundestag eine Initiative zur Neuregelung der Organspende gestartet. Sie plädieren für die Einführung einer Widerspruchslösung. Zuvor hatten sich im Bundesrat bereits einige Länder, unter anderem Nordrhein-Westfalen, dafür ausgesprochen.