Von Veit Hoffmann
Während im australischen Dschungel Dr. Bob Mehlwurmpampe und Emuleber-Blutbrei serviert, sollten wir im Januar an einen ganz anderen Urwalddoktor erinnern. Denn das ist sein Geburtsmonat. Albert Schweitzer. Er war ein großartiger Mann mit außerordentlichen Fähigkeiten, die er in den Dienst der Menschen stellte. Im afrikanischen Urwald errichtete er ein Hospital für Kranke, die ohne ärztliche Hilfe waren. Mit seinen Mitarbeitern war er ihnen ein treuer Helfer. Es fällt auf, dass dieses Universalgenie sich nie schonte.
Am 14. Januar 1875 wurde Schweitzer als Pastorensohn im Oberelsaß geboren. Er studierte Philosophie, Theologie, Musik und Medizin. Und er erwarb dreifache Doktorwürde. Nachts steckte er die Füße in einen Kübel kalten Wassers, um nicht über seinen Büchern einzuschlafen. Er zählt zu den bedeutenden Kulturphilosophen Europas. Jean Paul Sartre war sein Großneffe. Sein Orgelspiel konnte die Zuhörer zu Tränen rühren.
Mit einem 800 Seiten-Buch schenkte er der Welt die Wiederentdeckung von Johann Sebastian Bach. Sein Standartwerk über die Leben-Jesu-Forschung sprengte die herkömmlichen Vorstellungen der Theologie und stürzte damit manch braven Pastor in eine Glaubenskrise. Später entwickelte er seine berühmte Ethik „Ehrfurcht vor dem Leben“.
1913 ging er mit seiner Frau Helene Breßlau und 2000 Gold-Mark in das zentralafrikanische Gabun, nach Lambaréné und rodete im Urwald eine Lichtung der Nächstenliebe am Ufer des Ogowe Flusses. Er war nicht nach Afrika gekommen um zu nehmen, sondern um zu geben. Nicht Gier sondern Güte trieb ihn. In zwei Siedlungen auf 100 Hektar Land hausten 400 Kranke. In einem extra angelegten Dorf lebten zudem 250 Lepra-Kranke.
Täglich besuchte er sie. Man erzählt, dass seine Stimme durch das Hospital drang wie das Bellen eines schlecht gelaunten Bernhardiners, jedoch zärtlich wurde, wenn er seine Tiere liebkoste. Der Urwald-Doktor, der herzhaft lachte, wenn sein Pelikan dem Küchenboy in die Beine zwickte, war nicht zufrieden mit dem Zustand der Welt. Aus dem Busch korrespondierte er mit Indiens Pandit Nehru und mit seinem Freund Albert Einstein. Er forderte ein Stopp aller Atom-Tests und warb für die Abrüstung.
Albert Schweitzer hat in seinem Denken um mehr als ein halbes Jahrhundert vorweggenommen, was heute eigentlich die politischen Grundstrukturen mitbestimmen sollte: Die Verantwortung der reichen für die arme Welt, der grüne Kampf um die Umwelt, die Zweifel an der Kernkraft.
Bis Mitternacht saß er in seinem Zimmer in Lambaréné und arbeitete und schrieb, bis Fräulein Mathilde Kottmann ihn mit jener Floskel mahnte, die zum Film-, Buch- und Theatertitel wurde: “Es ist Mitternacht, Doktor Schweitzer.”
Albert Schweitzer starb am 4. September 1965 in Lambaréné.