„Die Bibel ist kein Biobuch, sie erzählt Geschichten des Glaubens“, sagt der Theologe Christian Turrey im Stuttgarter Zoologisch-Botanischen Garten Wilhelma. Deshalb seien Details nicht immer wichtig, es zähle die Aussage. So werde zum Beispiel in mancher Übersetzung der Geier zum Adler. „Mit der Bibel durch den Zoo“ heißt die Führung, die der Theologe und Journalist anbietet.
Von Wachteln, Schlangen, Elefanten und Kamelen
Rund 130 Tierarten sind in der Bibel erwähnt. Turrey nimmt bei seiner Führung ein gutes Zehntel in den Blick. Sein Rucksack gleicht einer kleinen Bibliothek, er liest Zitate vor und zeigt Kunstwerke. Die Reise durch die biblische Zoologie beginnt bei den Wachteln, die im 4. Buch Mose 11, 31-32 als Nahrung in der Wüste genannt werden, und führt über die Schlange (1. Mose 3,1ff) und den Elefanten (1. Makkabäer 6, 33-34) bis zum Kamel (Matthäus 19, 23-24).
Der Theologe stellt die Tiere in den biblischen Textquellen vor und gibt Hintergrundinformationen. Etwa, dass die Taube in Israel einst das Opfertier der armen Leute war. Oder dass die in Israel und Palästina beheimateten Felsentauben aus großer Höhe in einen schnellen Sturzflug gehen: „Das zeugt von Kraft, das ist ein stürmisches Brausen, kein laues Lüftchen“, stellt Turrey den Bezug zum Heiligen Geist her, der oft als Taube dargestellt wird. Auch dass Noah eine Taube von der Arche in die Sintflut als Späher aussandte, sei nicht verwunderlich: „Man weiß heute, dass Tauben klein erscheinende Dinge – beispielsweise Schiffbrüchige im Meer – vier- bis fünfmal besser ausmachen können als Menschen.“
Der Theologe unterstreicht: „Die Bibel schildert Tiere als unverzichtbaren Teil der Schöpfung. Manchmal drücken sie sogar direkt Gottes Willen aus.“ Die Bibel enthalte auch „das älteste Tierschutzgesetz der Welt“. So steht dort: „Du sollst nicht untätig zusehen, wie ein Ochse oder Esel deines Bruders zusammenbricht, sondern sollst ihm aufhelfen.“ Es ist zudem festgeschrieben, dass das Rind am Sabbat nicht arbeiten muss, sondern ein Recht auf Erholung hat. Es sei traurig, dass noch heute „der Umgang des Menschen mit dem Tier nicht immer menschlich zu nennen“ sei, sagt der Theologe und kritisiert das schnelle Heranmästen von Tieren für billiges Fleisch ebenso wie das Überverwöhnen von Haustieren.
Respekt vor Tieren zeigte sich in Namenswahl
Turrey arbeitet nicht mit erhobenem Zeigefinger. Er will mit Fakten überzeugen und würzt sie mit Humor. So berichtet er, dass sich der Respekt vor Tieren früher auch in der Namenswahl für Menschen ausdrückte. Man wünschte den Kindern, „so fleißig wie die Honigbiene (Deborah) oder so aufgeschlossen und neugierig wie ein kleiner Hund (Simeon) zu sein“. Heute hingegen wollten sich die Leute meist beleidigen, wenn sie sich mit Tiernamen ansprächen.
Oft nennt Turrey nur Stichworte. Mit Materialien der Bibelwerke, des Instituts für Theologische Zoologie in Münster und der Aktion Kirche und Tiere könne jeder Interessierte selbst weiterarbeiten, betont er.
Besonders beliebt seien seine Führungen bei Familien mit Kindern, berichtet Turrey. Etwa drei Stunden dauert ein Rundgang, auch ein Mini-Theaterstück, Rätsel und Spiele gehören dazu. Ähnliche Angebote gebe es unter anderem in den Zoos von Wuppertal (ein Themenangebot im Rahmen der Schülerführungen), in Osnabrück (an Pfingsten) und in Dortmund (an Heiligabend).
☐ Internet: www.christian-turrey.de; www.theologische-zoologie.de; www.aktion-kirche-und-tiere.de; www.zoo.dortmund.de. Im Zoo in Münster (www.allwetterzoo.de) werden gelegentlich Führungen unter dem Motto „Tiere der Bibel“ angeboten. Im September ist dort ein Zoogottesdienst geplant (genauer Termin steht noch nicht fest).