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Erschütterung nach Anschlagsplänen auf Heidelberger Synagoge

Erschrecken und Solidaritätsbekundungen: Die Anschlagspläne auf die jüdische Gemeinde Heidelberg haben seit Freitag die Öffentlichkeit erschüttert. „Ein Angriff auf jüdisches Leben in Deutschland ist immer auch ein Angriff auf unsere Werte und damit ein Angriff auf uns alle“, sagte der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU) in einem Pressestatement. Die evangelische Landeskirche in Baden erklärte, man habe die Anschlagspläne „mit großem Erschrecken“ aufgenommen. Als Ständige Vertreterin von Landesbischöfin Heike Springhart schrieb Cornelia Weber an den Heidelberger Rabbiner Jona David Pawelczyk-Kissin: „Wir sind Gott dankbar, dass die Anschlagspläne rechtzeitig aufgedeckt und so vereitelt werden konnten.“

Zur Feier des jüdischen Fests Lag baOmer am Sonntag erhielt die Synagoge Heidelberg Polizeischutz; die Lage dort sei jedoch ruhig, teilte ein Polizeisprecher des Präsidiums Mannheim am Sonntagmittag auf Anfrage des Evangelischen Pressediensts (epd) mit.

Wie die Staatsanwaltschaften Karlsruhe und Stuttgart und das Landeskriminalamt Baden-Württemberg am Freitag gemeinsam bekannt gegeben hatten, seien zwei Männer festgenommen worden, die im Verdacht stehen, sich im April 2024 per Chat über einen möglichen Messerangriff auf Synagogenbesucher in Heidelberg ausgetauscht zu haben. Die Verhaftung eines 24-jährigen Deutschen aus Bad Friedrichshall (Kreis Heilbronn) liegt bereits rund drei Wochen zurück. Ein 18-jähriger Deutsch-Türke aus Weinheim (Rhein-Neckar-Kreis) wurde Medienberichten zufolge am 18. Mai inhaftiert. Das Ziel der Männer sei es gewesen, einen oder mehrere Besucher der Synagoge zu töten und sich anschließend von Einsatzkräften erschießen zu lassen, um den „Märtyrertod“ zu erlangen. Es hätten sich laut Behörden allerdings keine Hinweise auf eine direkt bevorstehende Gefährdung von Synagogenbesuchern ergeben. Beide Männer befinden sich derzeit in Untersuchungshaft, wie ein Polizeisprecher dem epd am Freitag auf Anfrage bestätigte.

Innenminister Strobl erklärte, dass die Polizei und das Landesamt für Verfassungsschutz „den Schutz jüdischen Lebens fest im Blick“ hätten: „Entscheidend ist: Die mörderische Tat gegen jüdisches Leben konnte verhindert werden.“ Es sei schlimm genug, „dass in kranken Gehirnen solche Mordpläne gegen jüdisches Leben in unserem Land“ entstünden, sagte der Politiker.

Rabbiner Jona David Pawelczyk-Kissin zeigte sich nach Bekanntwerden der Verhaftungen am Freitag „geschockt und beunruhigt“. „Wir stehen im Kontakt mit der Polizei und haben interne Sicherheitsmaßnahmen vorgenommen, damit das Gemeindeleben weitergeht“, sagte er auf epd-Anfrage. Am Freitagabend hatten sich rund 120 Menschen an der Synagoge versammelt, ihre Solidarität bekundet und eine Menschenkette um das Gebäude gebildet.

Die Israelitische Religionsgemeinschaft (IRG) Baden fürchtet indes eine deutliche Steigerung der Bedrohungslage für die jüdischen Gemeinden. „Zum einen war es kein Einzeltäter mehr, sondern es gibt zwei Verdächtige“, sagte der Vorsitzende der IRG Baden, Rami Suliman, dem Südwestrundfunk (SWR). Dass die jungen Männer bereit gewesen seien, sich als „Märtyrer“ zu opfern, mache ihm Angst: „Damit ist eine ganz neue Stufe erreicht, die ich hier noch nicht erlebt habe.“

Der Antisemitismusbeauftragte von Baden-Württemberg, Michael Blume, sagte dem epd, nach Absprache mit dem Innenministerium habe er den jüdischen Religionsgemeinschaften den Schutz der Feste zum jüdischen Feiertag „Lag baOmer“ am Sonntag in ganz Baden-Württemberg zugesagt, ebenso wie zeitnahe Informationen zu den Ermittlungen. (1133/26.05.2024)