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Ende 2023 sprunghafter Anstieg antisemitischer Vorfälle in Hessen

In den Wochen nach dem Angriff der Hamas auf Israel ist es 2023 in Hessen zu einem sprunghaften Anstieg antisemitischer Vorfälle gekommen. Im Zeitraum zwischen 7. Oktober und Jahresende seien fast doppelt so viele Fälle bekanntgeworden wie im gesamten Vorjahr, teilte die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Hessen (RIAS Hessen) am Mittwoch in Wiesbaden bei der Vorstellung ihres Jahresberichts mit. Für das gesamte Jahr 2023 gingen 528 antisemitische Vorkommnisse in die Statistik ein.

Der Bericht zählt einen verhinderten Anschlag, 16 körperliche Angriffe, 33 Bedrohungen und 32 Fälle von Sachbeschädigung auf, worunter beispielsweise das Verbrennen von Israel-Flaggen gezählt wurde. 426 Fälle wurden von RIAS Hessen als „verletzendes Verhalten“ eingestuft, darunter auch solche unterhalb der Strafbarkeitsgrenze. Über 200 der aufgeführten Vorkommnisse hätten sich gegen konkrete Einzelpersonen gerichtet. Eindeutiger geografischer Schwerpunkt der gemeldeten antisemitischen Fälle (224) lag dem Bericht zufolge in Frankfurt am Main, es folgen Marburg (45), Kassel und Wiesbaden (jeweils 38). „Es gibt zu wenig Empathie und Solidarisierung“, kritisierte RIAS-Geschäftsführerin Susanne Urban.

Steve Landau, Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde Wiesbaden, erklärte, Gemeindemitglieder hätten zunehmend das Gefühl, sie müssten sich wieder verstecken. Aufgrund negativer Vorfälle sei die Gemeinde dazu übergegangen, Briefe nur noch ohne Absender zu verschicken. „In unserer Gemeinde trägt niemand einen Davidstern offen“, fügte er hinzu. Uwe Becker, hessischer Landesbeauftragter für jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus, beklagte, für jüdisches Leben gebe es derzeit in Deutschland „keine Religionsfreiheit“ mehr, da das öffentliche Bekenntnis zum jüdischen Glauben nicht ohne Weiteres möglich sei. Stattdessen würden Straßen und Plätze von „Antisemiten und Israelhassern“ eingenommen, sagte er mit Blick auf zahlreiche Pro-Palästina-Aktionen.