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Was hat die Kirche zu sagen?

In Magdeburg diskutiert die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland über ihre Rolle in der Gesellschaft: Zuwanderung? Solidarität? Glaube?

Norbert Neetz

Magdeburg (epd/UK). Mit einem Aufruf zur friedlichen Beilegung der weltweiten Konflikte hat die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) begonnen. Beim Eröffnungsgottesdienst am Sonntag im Magdeburger Dom sagte die mitteldeutsche Landesbischöfin Ilse Junkermann, es gebe keine gerechten Kriege. "Schlichten und Vermitteln wird Gräben überwinden", fügte sie hinzu.

Junkermann verwies auf die Kriege in Afrika sowie im Nahen und Mittleren Osten: "Wenn es doch nur einen Waffenstillstand, wenigstens eine Waffenpause in Syrien gäbe!" Doch das Dunkel habe nicht das letzte Wort. "Seit 1945 erleben wir dies im Friedensprojekt Europa", sagte die Landesbischöfin laut vorab verbreitetem Redemanuskript. Vermitteln koste Mühe, doch viele Gräben seien überwunden.

"Europa in Solidarität" ist das Schwerpunktthema der Synode, die bis Mittwoch in Magdeburg tagt. Schon bei der Eröffnung der Tagung wurde dabei eine grundsätzliche Frage aufgeworfen: Welche Rolle spielt die Kirche in der gesellschaftlichen Debatte? Auf der einen Seite meldet sich gerade die evangelische Kirche in politischen Fragen immer wieder zu Wort. Auf der anderen Seite wird gerade in Magdeburg deutlich, wie fraglich es ist, ob die Menschen das Wort der Kirche noch hören: 80 Prozent der Bevölkerung in Sachsen-Anhalt gehören keiner Kirche mehr an.

Daran schließt sich die Frage an, ob die Kirche sich überhaupt so stark um Politik kümmern sollte. Vor allem die evangelische Kirche sei in der Gefahr, über ihr politisches Engagement die Glaubensdinge zu vernachlässigen – diese Position vertrat etwa Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble in einem Grußwort vor der Synode. Auch Schäuble, der sich zu seinem christlichen Glauben bekennt, bejaht eine Einmischung der Kirchen in die gesellschaftliche Debatte. Dies, so Schäuble, sei unter Politikern allgemein anerkannt, selbst wenn sie sich als atheistisch bezeichnen. Allerdings dürfe die Kirche über dieses Engagement nicht ihr "Kerngeschäft" aus den Augen verlieren, so Schäuble.

Im Anschluss an den vom ZDF live übertragenen Eröffnungsgottesdienst wurde der Bericht des Ratsvorsitzenden der EKD, Heinrich Bedford-Strohm, erwartet. In seiner Rede vor den 120 Delegierten des Kirchenparlaments bezieht der Spitzenrepräsentant der deutschen Protestanten traditionell nicht nur zu innerkirchlichen Themen, sondern auch zu aktuellen gesellschaftlichen und politischen Fragen Stellung. Zuvor sollten neben anderen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (beide CDU) Grußworte sprechen.

Im Eröffnungsgottesdienst wirkte auch der Prior der ökumenischen Bruderschaft von Taizé, Bruder Alois, mit. Für die jungen Leute in Europa sei das Zusammenwachsen des Kontinents heute ganz selbstverständlich geworden, sagte er. Das gehe Hand in Hand mit der Anerkennung nationaler und regionaler Besonderheiten. Bei den Taizé-Jugendtreffen an wechselnden Orten jeweils zum Jahreswechsel würden Grenzen überschritten, und die Kirche werde als umfassende Gemeinschaft erlebbar.