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Ein Lob dem November

Düster, düsterer, November. Gibt es einen schrecklicheren Monat? Der Januar etwa ist funkelnagelneu. Ein ganzes Jahr liegt unberührt vor mir. Der Februar lässt das Ende des Winters ahnen. Der März bringt den ersten Frühlingshauch, der sich dann im April mit Macht Bahn bricht.
Der Mai wird mit Tanz begrüßt, Lieder rühmen ihn und er trägt den ganz wunderbaren Beinamen „Wonnemonat“. Juni, Juli, August bedeuten Sommer, Urlaub. Lange Abende draußen. Grillen, Freunde treffen.
Der September läutet den Herbst ein. Der Oktober verwöhnt uns mit goldenem Farbspiel und einem letzten Gruß des vergangenen Sommers.

Und dann der November. Grau, dunkel, trübe. Die Bäume strecken ihre nackten Äste in den regnerischen Himmel. Erster Frost lässt den Morgen unangenehm kalt werden. Und diese Gedenktage. Buß- und Bettag. Volkstrauertag. Totensonntag.
Im Ernst, gibt es einen schrecklicheren Monat?
Doch halt. Ich bin ungerecht. Ich übersehe glatt seine Chancen. Der November lässt mich Luft holen. Ich darf einen verregneten Nachmittag ohne schlechtes Gewissen auf der Couch abhängen bei Lektüre mit Happy-End-Garantie.
Und auch die Chance des Gedenkens erhalte ich. Ich kann mich an geliebte Verstorbene erinnern. Dankbar sein für die Zeit, die Gott mir mit ihnen geschenkt hat.
Außerdem kann ich Kraft sammeln für den stressig-schönen Dezember. Mit Advent, Lichtern, Weihnachtsmärkten. Verheißungsvollen Gerüchen allerorten. Und nicht zuletzt der Vorfreude auf das Fest der Geburt Christi.
Danke, November.