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«Ein gutes Leben und ein gutes Sterben für meine Lämmer»

Die Aufzucht von Schafen kostet viel Zeit und Mühe

Das Lamm ist ein zentrales Ostersymbol, der «gute Hirte» ein wichtiges Motiv in der Bibel. Die Realität heutiger Schafbauern hat mit einem Schäferidyll allerdings wenig zu tun.

Frankfurt a. M. (epd). Lammbraten am Ostersonntag? «Das wird wohl eher ein Zicklein werden», sagt Schafbäuerin Julia Djabalameli vom Spiegelshof in der hessischen Rhön. Außer 100 Rhön-Mutterschafen hat sie auch 60 Mutterziegen, und ihre Mutter habe die Gefriertruhe voll mit Ziegenfleisch, davon werde diese wohl etwas zubereiten. Zum Kochen hat die Schafbäuerin selbst keine Zeit. Zu viele Standbeine
sind heutzutage nötig, um mit Schafhaltung überleben zu können.

   Die Aufzucht der Tiere braucht viel Zeit und Einsatz. «Ich kontrolliere jeden Tag meine Herden. Wenn das Wetter schlecht ist, muss ich trotzdem raus und die Koppel stellen. Wo ich kein Wasser habe, muss ich Wasser fahren.»

   Von ihren zwölf Lämmern im Stall verkauft Djabalameli sechs knapp einjährige Tiere beim Metzger. «Mastlämmer» heißen sie. «Milchschafe» dagegen sind jünger als sechs Monate. «Aber mit sieben trinken sie immer noch», sagt Djabalameli. Ihr Einkommen bestreitet die Schafbäuerin außerdem mit Ferienwohnungen, sie bekommt Subventionen für die Landschaftspflege, will demnächst mit der Vermarktung der Wolle von Merinoschafen beginnen.

   Seit mindestens 9.000 Jahren züchten Menschen Schafe. Schon der biblische Abel war Schäfer. Er opferte dem Schöpfer «von den Erstlingen seiner Herde» und wurde von seinem Bruder Kain, einem «Ackermann», erschlagen. Später retteten Lämmer die Kinder Israels vor dem Engel des Herrn, als dieser die Erstgeborenen Ägyptens erschlug: Er ging vorüber an jenen Türen, die mit dem Blut von Opferlämmern bestrichen waren. Pessach (Hebräisch), also «Vorübergang», heißt das Fest der Juden, an dem sie bis heute die Rettung ihres Volkes vor der Zwangsarbeit in Ägypten feiern.

   Am Vorabend eines Pessachfestes wurde der jüdische Wanderprediger Jesus gekreuzigt, auf den sich die Christen berufen. Die Bedeutung des Opferlammes wurde umgedeutet: Jesus, der Christus (Gesalbte, Messias), galt nun als das Opferlamm, das getötet worden war, um Gott mit den sündigen Menschen zu versöhnen. Am Ende der Zeiten wird es über den «Antichrist» triumphieren, verheißt die Apokalypse des Neuen Testaments.

   Schließlich war das «Agnus dei» (Lamm Gottes) am dritten Tag auferstanden, wie die Evangelien berichten. Daran erinnert heute das Osterfest, das einst ein Frühlings- und Fruchtbarkeitsfest war. Auf dem Konzil von Nicäa im Jahr 325 hat die römische Kirche den Termin ihres Hochfestes auf den ersten Sonntag nach dem ersten Vollmond nach Frühlingsanfang gelegt.

   Das Lamm hat überlebt: als Symbol und als kulinarische Festspeise. Und auch das Bild des «guten Hirten» zieht sich durch die Bibel, Jesus selbst sagt im Johannesevangelium, er sei «der gute Hirte», der sein Leben für die Schafe lasse.

   Olaf Velte, Dichter und Journalist im Hochtaunus, hält nahe Wehrheim 40 «Muttern» des Merinolandschafs im Nebenerwerb. Früher waren es 100, wie er erzählt, denn sein Vater hatte eine Zucht, die zurückging auf die Nassauische Zucht des Ramholzer Schafs bei Schlüchtern/Spessart. Der Sohn hält an der vornehmen
Familientradition fest. Aber er schlachtet nur noch für den Eigenbedarf. Bei Velte kommt am Ostersonntag ein Lammbraten auf den Teller.

   Auch er weiß, wie viel harte Arbeit der Alltag mit den Schafen bedeutet. Immerhin: «Der Wolf ist bei uns noch kein Thema», sagt er. «Es gibt zu viel Publikumsverkehr hier in der Landschaft.» Etwas weiter im Westen stromert aber schon das erste hessische Wolfsrudel durch den Rheingau-Taunus. Wenn die Jährlinge auf Wanderschaft gehen, um ein eigenes Revier zu suchen, könnten sie auch Weidetieren einen Besuch abstatten.

   Djabalameli schützt ihre Herden mit 1,20 Meter hohen Elektronetzen. Sie ist wildbiologisch versiert und Mitglied im Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Ihre Schafe halten das Grünland frei von Verbuschung. «Ohne Schafe keine Biodiversität», sagt sie. Zur Vielfalt der Arten gehörten aber auch die Wölfe, auch wenn sie den Schafbauern das Leben schwer machen.

   Ihre Lämmer verkauft sie an einen Metzger in Bayern und einen in Hessen. Namen haben ihre Tiere nicht. «Ich verkaufe auch Flaschenlämmer», sagt sie – Tiere, die sie von Hand aufgezogen hat. «Wichtig ist für mich ein gutes Leben und ein gutes Sterben für meine Lämmer.» Dann könne sie das Lammfleisch auch ohne Gewissensbisse zu Wurst machen, was gutes Geld bringe.

   Was notwendig sei, sagt die Schafbäuerin, sei ein Einkommen über dem Mindestlohn für die Schafbauern: «Es geht um Wertschätzung dessen, was diese Menschen leisten.» Auch sie.