Artikel teilen

Ehrlich war es – was noch fehlt, ist der Mut

Ein vorerst letztes Mal haben sie an den runden Tischen Platz genommen. Die neue Sitzordnung war in Rom lange Gesprächsthema Nummer eins. Schließlich hatte Papst Franziskus die Synodalen dazu angehalten, über Inhalte nicht zu kommunizieren. Doch nun gibt es den Synthesebericht, über den die 365 stimmberechtigten Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Bischofssynode am Samstag abgestimmt haben.

Er fasst die Arbeit der vierwöchigen Versammlung zusammen – und gibt Impulse für die Vorbereitung von Teil zwei. Denn das Ende der Synode ist erst ein Anfang. „Heute sehen wir noch nicht die volle Frucht dieses Prozesses“, sagte Papst Franziskus während der Abschlussmesse am Sonntag im Petersdom. „Aber wir können mit Weitsicht auf den Horizont blicken. Auf geht’s, mit Freude!“, rief er seinen Synodenbrüdern und -schwestern zu.

„Die Synode war sehr ehrlich“, findet Georg Bätzing, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz. Er blickt aber auch kritisch auf die Versammlung, vor allem in Hinblick auf deren Fortsetzung im kommenden Herbst, von der dann auch konkrete Empfehlungen an Papst Franziskus erwartet werden. „Mutig war sie noch nicht, diese Synode“, sagte Bätzing am Sonntagmorgen in Rom. Diese Angst vor Veränderungen in der Kirche sei immer wieder noch zu spüren gewesen. „Ich wünsche mir für die kommende Phase bis zum Herbst und dann auch für den zweiten Teil in Rom den Mut, klare Fragen zu identifizieren und sie einer Klärung zuzuführen, die die Kirche verändert.“

In dem 42-seitigen Papier, das die Synodenteilnehmer absatzweise mit je zwei Drittel Mehrheit abgesegnet haben, werden Überlegungen, Vorschläge, aber auch offene Fragen zu Themen wie der Rolle von Frauen und Laien, dem Amt der Bischöfe, dem Priestertum und dem Diakonat, der digitalen Mission und der Ökumene aufgegriffen. „Vor allem konnten wir formulieren, dass der Missbrauch in der katholischen Kirche strukturelle Ursachen hat“, betont Bätzing. Es gehe in dem Papier um wichtige Dinge, „die für uns nicht neu sind“, die nun aber durch eine Bischofskonferenz, verstärkt von 70 Laien, bestätigt wurden.

Unter den 365 stimmberechtigten Synodenteilnehmern waren in diesem Jahr zum ersten Mal neben den Bischöfen auch Nichtgeweihte, unter ihnen 54 Frauen. Die Abschnitte des Dokuments, in denen es um die Rolle von Frauen geht, haben in der Abstimmung die meisten Nein-Stimmen erhalten. „Da frage ich schon, ob sich in allen eine Veränderung vollzieht“, sagte Bätzing. Der Luxemburger Kardinal Jean-Claude Hollerich, Berichterstatter der Synode, sieht das positiver. Er habe sich gewundert, dass so viele dafür gestimmt hätten. „Der Widerstand ist da. Aber er ist nicht so groß, wie zuvor befürchtet. Ich freue mich über das Ergebnis“, sagte er bei der Vorstellung des Textes am Samstagabend.

„Klerikalismus, Machismo und unangemessener Gebrauch von Autorität prägen weiterhin das Gesicht der Kirche und schaden der Gemeinschaft“, heißt es in besagtem Abschnitt. Eine „tiefgreifende spirituelle Umkehr und strukturelle Veränderungen“ seien erforderlich.

Auch wenn das Dokument aus Sicht der Kirche in vielen Teilen Europas die Rolle der Frauen nicht stark genug betone, habe diese Synode große Fortschritte in Richtung Gleichberechtigung gemacht, sagte die Schweizerin Helena Jeppesen-Spuhler, die an der Synode teilgenommen hat, dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Zum ersten Mal in der Kirchengeschichte waren Frauen Vollmitglieder der Bischofssynode. Das Thema des Zugangs von Frauen zu ordinierten Ämtern wurde nicht mehr wie in den vergangenen Jahrzehnten von der Tagesordnung verbannt.“

Es ist aber noch ein weiter Weg zu gehen. „Es gibt offene Punkte, die Synode ist hier nicht zu Ende“, sagte Kardinal Mario Grech, der Organisator der Weltsynode, die mit der jetzt zu Ende gegangenen Bischofsversammlung in ihre entscheidende Phase eingetreten ist. Das Dokument und die Anregungen werden jetzt wieder an die Ortskirchen zurückgespielt.

Die Bischofssynode wird im Herbst 2024 in Rom fortgesetzt und findet dann, zusammen mit der 2021 von Franziskus ausgerufenen Weltsynode, ihren Abschluss. Ob wieder im komplett geschützten Raum debattiert wird, ist noch nicht klar. Die Tische dürften als Gesprächsstoff nicht mehr taugen. Bischof Bätzing geht davon aus, auch 2024 in der neuen Sitzordnung Platz zu nehmen. „Wenn ich recht zugehört habe, waren alle einverstanden, wieder runde Tische zu haben.“ Beim nächsten Mal bestünde die Aufgabe aber auch darin, sich zu konzentrieren – immerhin werden dann konkrete Empfehlungen an den Papst erwartet. „Es wird also auch anders sein“, sagt Bätzing, „sein müssen.“