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Die Bibel lesen

Woche vom 6. bis 12. November

Sonntag:    Psalm 75
Montag:      Offenbarung 18, 1-24
Dienstag:    Offenbarung 19, 1-10
Mittwoch:    Offenbarung 19, 11-21
Donnerstag: Offenbarung 20, 1-10
Freitag:       Offenbarung 20, 11-15
Samstag:    Offenbarung 21, 1-8

Kapitel 18 bringt die Gerichtsvision über die große Stadt zum Abschluss. Es gibt keinen anderen Text in der Literaturgeschichte, der auf so engem Raum Größe, Machtmissbrauch und Absturz von Machtzentren analysiert und Macht und Elend menschlichen Größenwahns auch emotional vor Augen führt. Kern der Analyse ist, dass Machtzentren erbarmungslose Wirtschaftszentren sind, die mit den scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten von Handel und Kaufkraft nicht dem Wohl der Menschen dienen, sondern ihrer Gier und Habsucht.
Die so kritisierte Metropole ist jeweils die, deren „Kaufleute … die Einflussreichsten der Erde“ sind. Sie wird gerichtet, „weil durch deine Giftmischerei irregeführt wurden alle Bevölkerungen und in ihr wurde Blut von Propheten und Heiligen gefunden und von allen, die geschlachtet sind auf der Erde“. (Apk. 18,23; Übers. Alkier, Paulsen, FNT 1). Mächte, an denen Blut klebt, haben keinen Bestand. Die Kaufleute weinen, „weil binnen einer Stunde verwüstet wurde so großer Reichtum“ (vgl. 18,17) – es sticht ins Auge, wie diese Analyse auch den heutigen Tanz um das goldene Kalb der Börsenspekulationen trifft. Mit Rückgriff auf den Turmbau zu Babel dient als verdichtende Chiffre all dieser imperialen Megacitys „Babylon“.
Und dann ist in Kap 19,11 der „Himmel geöffnet“. Der Seher sieht den Reiter auf dem weißen Pferd und „sein Name:  das Wort Gottes“ (19,13). Kaum ein Kapitel  in der Apk macht deutlicher, dass die visionären Bilder dieses Buches nicht eine quasiempirische Vorschau historischer Ereignisse sein wollen, sondern des Mitdenkens und Deutens bedürfen, um in diesem Deuteakt Umdenken zu lernen. Es wird eben nicht gesagt, sondern muss durch die Rückverweise auf Kapitel 1 bis 5 erschlossen werden, dass es sich um den auferweckten und mit göttlicher Machtfülle versehenen Jesus Christus handelt, der anstelle der Handelsmetropolen nun als „König von Königen und Herr von Herren“ (Apk. 19,16) regiert.
Das ist eine Machtansage, wie die ganze Johannesapokalypse die Macht Gottes enthüllt, mit der nicht zu spaßen ist. Auf welche Macht wollen Sie sich, verehrte Leserin, verehrter Leser, verlassen? Die Imperien aller Zeiten äffen Gottes Macht nur nach, sie inszenieren sich als König der Könige wie zuletzt Chinas nach Allmacht strebender Parteichef Chi, der seinen Vorgänger Hu Jintao demütigend abführen ließ.
Wann kommt endlich Gottes König der Könige, der Gottes Recht durchsetzt und den vielen Fratzen Babylons und den vielfältigen Verkörperungen des Bösen (vgl. Apk. 20,2) ein Ende setzt – das ist die sehnsüchtige, nach Gerechtigkeit dürstende Frage der Offenbarung. Ihre Zuversicht besteht darin, dass Gott nicht der zukünftige, sondern jetzt, genau in diesem Augenblick, in dem Sie diese Zeilen lesen, der Kommende ist (vgl. Apk. 1,4.8).