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Der “Kreuzritter des Blues”

Bereits zu seinem 90. Geburtstag im November war es ruhig um ihn geblieben. John Mayall, der bis ins hohe Alter rastlos rund um den Erdball Konzerte gespielt hatte, hatte sich aus gesundheitlichen Gründen aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Auf seiner offiziellen Internetseite wurde nun bekannt gegeben, dass der Musiker bereits am Montag in seinem Haus in Kalifornien im Kreis seiner Familie friedlich gestorben sei. Gesundheitliche Probleme, die ihn gezwungen hätten, eine epische Tournee-Karriere zu beenden, hätten schließlich „zum Frieden für einen der größten Straßenkrieger dieser Welt“ geführt.

Der Chef der Band „Fleetwood Mac“, Mick Fleetwood, würdigte Mayall einst als „Paten (Godfather) des britischen Blues“. Durch die Schule von Mayalls Band „The Bluesbreakers“ gingen neben Fleetwood auch Eric Clapton, Jack Bruce, Peter Green sowie der spätere „Rolling Stones“-Gitarrist Mick Taylor.

Mayall selbst sah sich als „Kreuzritter“, mit der Mission, den Blues weltweit bekannt zu machen. Gemeinsam mit dem britischen Musiker und Bandleader Alexis Korner gehörte er zu den großen Förderern des britischen Blues. „Meine Mission ist es, das Leben mit dem Blues zu feiern“, schrieb Mayall in seiner 2019 erschienenen Autobiografie „Blues from Laurel Canyon“. Für viele Leute in dieser hektischen Welt sei die Begegnung mit dieser Musik neu. Daher sei es sein Job, „sie an dem Werk der großen Leute teilhaben zu lassen, die den Blues formten, den ich spiele“.

„Er spielte Klavier, Orgel und Rhythmusgitarre und hatte die fantastischste Plattensammlung, die ich je gesehen hatte“, schwärmt Clapton in seiner Autobiografie. Bei Mayall habe er sich ganz dem Blues widmen können. Auch Paul McCartney erinnert sich noch gern an die Nächte, in denen Mayall ihm aus seiner Sammlung seltene Bluesplatten vorspielte, wie er seinem Biografen Barry Miles erzählte.

Mayall gehörte zu den ersten in England, die Bluessongs nicht nur interpretierten, sondern selbst Stücke in der bislang schwarzen Musikrichtung schrieben. Zwar hatte er keine großen Hits. Seine Platten kamen in den 60er und 70er Jahren jedoch in Großbritannien und auch in den USA in die Charts.

Mayall trat im Cowboy-Look mit selbstgenähtem Lederwams und Lederhose, Stiefel und Texashut auf. In seinem Pistolengürtel steckten zwölf Mundharmonikas, nach Tonarten sortiert. Bei seiner Aufnahme in die „Blues Hall of Fame“ im Jahr 2016 wurde er vor allem als begabter Talentsucher und Bandleader gewürdigt. Im Jahr 2005 erhielt er die Auszeichnung „Officer of the Order of the British Empire“ (OBE), einen der höchsten Orden Großbritanniens.

Mayall, am 29. November 1933 in Macclesfield bei Manchester geboren, kam schon früh mit Musik in Berührung. Sein Vater, der als Amateurmusiker in Jazz-Bands spielte, brachte ihm Gitarre und Banjo bei. Durch Boogie-Woogie- und Blues-Schallplatten lernte Mayall auch, auf dem Piano zu spielen. „Was ich immer spielen wollte, war der Blues, aber es gab dafür keine Nachfrage. Also spielte ich für mich selbst“, sagte er Autor Dinu Logoz für die Biografie „The Blues-Crusader“ (Der Blues-Kreuzritter).

Zunächst arbeitete er als Grafiker. Mayall ernährte so seine kleine Familie, abends dann stand er auf der Bühne. Alexis Korner bestärkte ihn, sein Glück in der Musikmetropole London zu suchen.

Für Mayall ist der Blues das Fundament, von dort ging er jedoch auch neue Wege in Richtung Jazz oder Bluesrock, spielte mal mit Bläsern und ohne Schlagzeug. Ende der 60er Jahre zog er in den kalifornischen „Laurel Canyon“ in ein Baumhaus. Dort lebte er in der Nachbarschaft von Frank Zappa, Joni Mitchell und Cass Elliot von „The Mamas and The Papas“. Seiner Wahlheimat widmete er auch die Platte „Blues from Laurel Canyon“.

Eine für 2022 geplante große Abschiedstournee, die ihn auch nach Deutschland führen sollte, wurde krankheitsbedingt abgesagt. Im September 2021 hatte sich Mayall auf seiner Internetseite bereits von seinen Fans verabschiedet. Aus gesundheitlichen Gründen sei nun die Zeit gekommen, seine „road shoes“ an den Nagel zu hängen, schrieb er. „Aber, wie immer“, gab er seinen Fans damals mit auf den Weg, „haltet an der Liebe zum Blues fest.“