Viele Mütter mit Kindern unter drei Jahren sind neuen Zahlen zufolge nicht erwerbstätig – im Gegensatz zu Vätern. Auch bei Teilzeit und Sorgearbeit gibt es Unterschiede. Das führt zu Forderungen.
Wie Hohn klingen aus Sicht der Hans-Böckler-Stiftung Forderungen aus Politik und Wirtschaft, alle Menschen sollten mehr arbeiten. Es brauche einen differenzierten Blick auf die Art der Arbeit, erklärte die wissenschaftliche Direktorin des stiftungseigenen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts, Bettina Kohlrausch, am Montag in Düsseldorf. Die unbezahlte Sorgearbeit zwischen Männern und Frauen müsse anders verteilt werden, damit Frauen einen größeren Teil ihrer Zeit in Erwerbsarbeit investieren könnten.
Frauen mit jungen Kindern gehen laut neuer Daten deutlich weniger häufig einem Beruf nach als Väter. Bei Eltern von minderjährigen Kindern waren im vergangenen Jahr 92 Prozent der Väter und 71 Prozent der Mütter berufstätig, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte. Bei Eltern mit Kindern unter drei Jahren waren 89 Prozent der Väter und 40 Prozent der Mütter erwerbstätig. Allerdings glichen sich die Quoten im langfristigen Vergleich etwas an.
So haben die Erwerbstätigenquoten von Müttern mit Kindern unter drei und unter 18 Jahren seit 2005 um zwölf beziehungsweise elf Prozentpunkte zugelegt. Bei Vätern liege der Anstieg bei drei sowie vier Prozentpunkten. Unterschiede gebe es weiterhin beim Arbeitsumfang. 2024 arbeiteten demnach 68 Prozent der Mütter mit Kindern unter 18 Jahren in Teilzeit – bei Müttern mit Kindern unter drei Jahren waren es 73 Prozent.
Väter mit Kindern unter 18 Jahren hätten mit 8 Prozent, beziehungsweise 9 Prozent bei Kindern unter drei Jahren seltener die Arbeitszeit reduziert als erwerbstätige Männer insgesamt. “Auch wenn die Teilzeitquoten bei Männern gestiegen sind, sind es vor allem Frauen, die in Teilzeit arbeiten”, so Kohlrausch. Das sogenannte Gender Care Gap betrage 44 Prozent, so dass Frauen etwa neun Stunden mehr unbezahlte Sorgearbeit pro Woche leisteten als Männer.
Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) hatte jüngst in der “Bild am Sonntag” um mehr berufliche Arbeitszeit für Mütter geworben. “Es gibt in Deutschland Frauen, die unfreiwillig in der Teilzeitfalle sitzen. Sie wollen mehr arbeiten, können es aber nicht.” Folge könne Altersarmut sein. Daher setze der Koalitionsvertrag unter anderem auf den Ausbau von Kinderbetreuung. Und: “Prämien für den Wechsel in Vollzeit vom Arbeitgeber fördern wir steuerlich.”
Nicht genug, monierte Kohlrausch: Vorhaben wie die steuerliche Besserstellung von Überstunden würden eine ungleiche Verteilung von Erwerbsarbeit “eher zementieren, weil sie Anreize für eine zeitliche Ausdehnung der meist von Männern ausgeübten Vollzeit schaffen”. Kohlrausch forderte unter anderem die Einführung der Familienstartzeit und die Abschaffung des Ehegattensplittings.