Es sind schwierige Augenblicke auf der Frühgeborenen-Intensivstation: Die Zwillinge werden viel zu früh geboren, wiegen gerade einmal 500 Gramm. Eines der beiden Frühchen hat eine schwere Hirnblutung, eine Not-Operation steht an. Die Eltern sind verzweifelt und froh über die Unterstützung von Christiane Zimmermann-Schwarz. Die evangelische Pfarrerin ist Klinikseelsorgerin an der Kinderklinik Heidelberg und steht Eltern und Patienten in Notsituationen bei.
„Die Eltern wollten, dass ich den Kleinen direkt am Inkubator taufe, wissend, dass er vielleicht bald sterben würde“, erinnert sich die Seelsorgerin, die die Eltern intensiv begleitet hat. Denn gerade in der Frühgeborenen-Intensivstation und der Kardiologie liegen Lebensanfang und Ende manchmal nah beieinander.
Weil die Schädigungen des Frühchens zu groß sind, wird die Behandlung abgebrochen. Kurz darauf stirbt der Kleine in den Armen der Eltern, im Bett daneben liegt der Zwillingsbruder. Die Seelsorgerin beerdigt das eine Kind und begleitet die Entwicklung des anderen bei seinen Fortschritten genauso wie bei Rückschritten.
Der kleine Junge muss mehr als vier Monate in der Klinik bleiben, bevor er nach Hause kann. Für die Eltern ist die Seelsorgerin in Krisen, für ihre Ängste eine Ansprechpartnerin, die einfach da ist, zuhört und tröstet.
Gemeinsam mit mehreren evangelischen und katholischen Klinikseelsorgerinnen und -seelsorgern hilft sie auch Menschen, die sonst wenig Berührungspunkte mit Kirche haben.
Die Klinikseelsorgenden in Heidelberg sind täglich rund um die Uhr erreichbar.
Das gilt nicht nur für die mehr als 86.000 Patientinnen und Patienten und ihre Angehörigen, die dort jedes Jahr versorgt werden. Sie haben auch ein offenes Ohr für die 14.600 Mitarbeitenden, wie Ärztinnen und Ärzte oder das Pflegepersonal. Neben Gesprächen und Begleitung bieten sie auch Gottesdienste oder Rituale in Krisen- und Notsituationen an.
Dass das Angebot von den Kirchen und nicht den Kliniken finanziert wird, überrascht die meisten Menschen, sagt Zimmermann-Schwarz. Sie bedauert, dass auch die Klinikseelsorge von den Sparmaßnahmen der Kirche betroffen ist. In Heidelberg muss eine volle Stelle eingespart werden. Schon jetzt wird eine der bislang sechs Vollzeitstellen nicht von der evangelischen Landeskirche, sondern vom Kirchenbezirk und über Spenden finanziert, etwa durch die „Stiftung Kranke begleiten“.
Doch gerade im Krankenhaus könne die Kirche aufsuchend und niederschwellig Menschen erreichen, die sonst wenig Kontakt mit der Kirche haben. In den Stationen der Kinderklinik entstünden sehr intensive persönliche Kontakte, da die Kinder dort über Wochen und Monate bleiben müssen, erzählt die Seelsorgerin.
An der Schwelle zwischen Leben und Tod sei es ganz wichtig, dass die Seelsorgenden „Zeit haben, zuhören oder auch nur still dasitzen und eine Hand halten“, sagt sie. Es gehe auch darum, die Fragen nach Leid, Sterben und Tod auszuhalten, ohne immer eine Antwort zu wissen.
Gerade bei schwierigen Entscheidungen, etwa wenn es darum geht, ob eine Therapie beendet werden soll, ist sie als Gesprächspartnerin gefragt. Dann versuche sie verschiedene Perspektiven einzunehmen. Oft werde das Sterben als Scheitern ärztlicher Kunst gesehen, sagt die evangelische Theologin: „Es kann aber ein Akt der Liebe sein, ein Kind loszulassen.“