Vor fünf Jahren erklärte das Bundesverfassungsgericht das Verbot der geschäftsmäßigen Suizidbeihilfe für nichtig. Seitdem wird um eine Neuregelung gerungen. Abgeordnete planen einen weiteren Anlauf.
Nach der gescheiterten gesetzlichen Neuregelung der Suizidhilfe vor zwei Jahren arbeitet der SPD-Abgeordnete Lars Castellucci an einer neuen Gesetzesinitiative. Der “Rheinischen Post” (Montag) sagte Castellucci: “Ich bin zuversichtlich, dass wir in dieser Legislatur zügig zu einer guten Neuregelung der Gesetzeslage kommen.” Er sei überzeugt davon, dass der Gesetzgeber nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts eine “klare und ausgewogene Regelung” zum assistierten Suizid schaffen müsse. Derzeit formiere sich eine Arbeitsgruppe neu, ein erstes Treffen habe bereits stattgefunden. Ziel sei es, zeitnah ein erfolgreiches Gesetzgebungsverfahren zu starten.
“Wir müssen die Entscheidung von Menschen respektieren, die ihr Leben selbstbestimmt beenden wollen – aber gleichzeitig verhindern, dass Suizid als etwas Normales erscheint und dadurch verletzliche Menschen unter Druck geraten”, erläuterte der SPD-Politiker. Das Gesetzgebungsverfahren muss in dieser Legislaturperiode vollständig neu aufgerollt werden – auch wegen veränderter Mehrheitsverhältnisse im Parlament.
Der Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Helmut Frister, begrüßt die Initiative der Abgeordneten. “Ich finde es grundsätzlich positiv und sinnvoll, dass sich der Bundestag um eine Regelung in der Suizidbeihilfe bemüht”, sagte er der Zeitung. Laut Frister soll es diesmal kein gesetzliches Verbot der Suizidbeihilfe geben. “Diesen Verzicht begrüße ich sowohl in der Sache als auch deshalb, weil sich dadurch die Chancen für die Verabschiedung einer gesetzlichen Regelung erhöhen”, sagte der Rechtswissenschaftler.
2015 hatte der Bundestag ein Gesetz beschlossen, das kommerzielle und auf Wiederholung angelegte Suizidbeihilfe untersagte. In einem Urteil kippte das Bundesverfassungsgericht im Februar 2020 dieses Gesetz. Die Richter formulierten ein Grundrecht auf selbstbestimmtes Sterben. Zugleich betonten die Richter, der Staat könne Regelungen treffen, um zu überprüfen, ob die Entscheidung wirklich ohne äußeren Druck getroffen wird. Zwei Gesetzesentwürfe, die unter anderem Beratungspflichten und Entscheidungsfristen vorsahen, verfehlten 2023 eine Mehrheit im Parlament.
In Deutschland nehmen sich jedes Jahr rund 10.000 Menschen das Leben. Dabei steigt die Zahl der Selbsttötungen, die mit Hilfe von Sterbehilfeorganisationen durchgeführt werden. Die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben teilte Mitte Januar mit, dass 2024 bundesweit insgesamt 1.200 Menschen mit Hilfe von Suizidbegleitern gestorben seien.