Der angekündigte Boykott des Eurovision Song Contests (ESC) 2026 in Wien durch mehrere Länder im Streit um die Teilnahme Israels wird nach Überzeugung des in Deutschland federführenden Südwestrundfunks (SWR) nicht zu einer finanziellen Mehrbelastung für die anderen Sender führen. Die Bundesregierung begrüßte am Freitag das Votum der Europäischen Rundfunkunion (EBU) zur Teilnahme Israels am ESC 2026. Israel gehöre zum ESC, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Sebastian Hille in Berlin. Dass sich andere Länder deswegen zurückzögen, bedauere man.
Auch wenn mit Spanien einer der wichtigsten Geldgeber der Veranstaltung ausfällt, sieht SWR-Intendant Kai Gniffke den ESC im nächsten Jahr finanziell abgesichert. Gniffke sagte am Freitag, er sehe keine größeren finanziellen Mehrkosten auf die verbleibenden Sender zukommen. Dass mehrere Staaten ihren Rückzug erklärten, sei bedauerlich. Es werde niemand zur Teilnahme gezwungen, „aber es wird uns nicht aus der Bahn werfen“, sagte Gniffke.
Die EBU hatte am Donnerstagabend auf ihrer Generalversammlung in Genf den Weg für die Teilnahme Israels am ESC 2026 frei gemacht. Dabei hatte sie neue Regularien beschlossen, die darauf zielten, den Wettbewerb weiterhin als Plattform für kulturelle Vielfalt und künstlerischen Austausch zu fördern.
Die federführenden Sender in Spanien, Irland, den Niederlanden und Slowenien kündigten im Anschluss an das EBU-Votum an, den ESC 2026 wegen Israels Teilnahme zu boykottieren. Finnland und Portugal sagten jedoch zu, Belgien entschied am Freitag, dabei zu sein.
Spanien gehört wie Deutschland zu den sogenannten Big Five, die finanziell viel zum ESC beitragen und sich nicht im Halbfinale qualifizieren müssen. Die spanische Rundfunkanstalt RTVE hatte erklärt, die Lage in Gaza und „die Nutzung des Wettbewerbs für politische Zwecke durch Israel“ machten es immer schwieriger, den ESC als neutrales kulturelles Ereignis aufrechtzuerhalten.
Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, bezeichnete den Boykott in den Zeitungen der Funke Mediengruppe als „undifferenzierte Inhaftungnahme eines ganzen Landes“. Damit würden vor allem jene Stimmen beim Publikum und in der Kulturszene getroffen, „die für Frieden, Aussöhnung und Verständigung stehen“. Israels Teilnahme halte er „für ein wichtiges Signal gegen den grassierenden israelbezogenen Antisemitismus“.
Der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, der Grünen-Politiker Volker Beck, erklärte gegenüber Funke: „Diese Art der Politisierung von Musik- und Sportwettbewerben ist kaum zu ertragen.“
Der SWR hat in dieses Jahr die Federführung in Deutschland für den ESC übernommen. Der NDR hatte diese Aufgabe nach 30 Jahren abgegeben.