Vor 140 Jahren trafen sich in Berlin 15 Großmächte, um ihre bereits bestehenden und zukünftigen kolonialen Eroberungen rechtlich abzusichern. Der Jahrestag findet nach Ansicht des BSW zu wenig Beachtung.
Mit Blick auf die deutsche Kolonialgeschichte beklagt das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) eine Geschichtsvergessenheit. Die außenpolitische Sprecherin der BSW-Gruppe im Bundestag, Sevim Dagdelen, warf der Bundesregierung Heuchelei und eine “Politik der doppelten Standards bei Völkerrechtsbrüchen” vor. Eine “ernsthafte Aufarbeitung der Kolonialvergangenheit” sei offenbar nicht gewollt, so Dagdelen gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Zuvor hatte die Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage von Dagdelen und weiteren BSW-Abgeordneten zur “Kongo-Konferenz” vor 140 Jahren geantwortet. Vom 15. November 1884 bis zum 26. Februar 1885 waren auf Einladung des damaligen Reichskanzlers Otto von Bismarck die damals bedeutendsten Kolonialmächte in Berlin zusammengekommen, um ihre bereits bestehenden und zukünftigen kolonialen Eroberungen rechtlich abzusichern.
In ihrer Antwort räumt die Bundesregierung ein, “dass die Aufarbeitung der deutschen Kolonialvergangenheit viel zu lange vernachlässigt wurde”. Weiter heißt es: “Die Aufarbeitung der deutschen kolonialen Vergangenheit ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die noch am Anfang steht.”
Zum 140. Jahrestag der “Kongo-Konferenz” sind laut Regierungsangaben bislang lediglich zwei Veranstaltungen fest geplant: eine Dialogreihe im Auswärtigen Amt und ein Austausch auf Einladung von Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) am 4. Dezember. Dabei soll es unter anderem um koloniale Kontinuitäten im Politikfeld der Entwicklungszusammenarbeit gehen.
Auf die Frage, ob auch die Debatte über individuelle und kollektive Reparationen oder Entschädigungen zur Debatte über die Aufarbeitung kolonialen Unrechts gehören solle, teilt die Bundesregierung mit: “Mangels rechtlicher Grundlage bestehen weder individuelle noch kollektive Entschädigungsansprüche einzelner Nachfahren von Opfern oder ihrer Verbände gegenüber der Bundesregierung.”
Deutschland besaß zwischen 1884 und 1914/18 mehrere Kolonien in Afrika, Asien und dem Pazifik. Ein Kolonialdialog mit Namibia, dem ehemaligen Deutsch-Südwestafrika, mündete 2021 in eine “Gemeinsame Erklärung”, die allerdings immer noch nicht in Kraft getreten ist.