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Beten ohne Videoüberwachung

Nur „relativ wenig Probleme“ mit Diebstählen und Vandalismus habe die Kaiserslauterer Stiftskirche, sagt Citykirchenpfarrer Stefan Bergmann. Obwohl diese zentral in der Innenstadt mit ihrer nennenswerten Kriminalitätsrate liege. Mehrere 10.000 Besucher besuchten die protestantische Kirche pro Jahr. Allerdings seien zu jeder Zeit Ehrenamtliche vor Ort, meistens Rentnerinnen und Rentner, die ein Auge darauf haben, dass nichts passiert.

„Ohne sie die Kirche zu öffnen, geht gar nicht“, sagt Bergmann. Das Risiko sei zu groß. 2019 verschwand ein bronzenes Kreuz aus einer Gebetsnische. Ansonsten sei vor allem ein Schwund der Kerzen zu verzeichnen, was er verschmerzen könne, sagt der Pfarrer.

Viel schlimmer sei ein Fall von Vandalismus vor einigen Jahren. Ein betrunkener Mann habe sich an der Kanzel erleichtert und sei darauf angesprochen aggressiv und ausfällig geworden, erzählt der Citykirchenpfarrer. Der Mann sei von der Polizei verhaftet und vor Gericht verurteilt worden. Bergmann will die Kirche trotzdem nicht jenseits von Gottesdiensten schließen oder eine Sicherheitskamera installieren – wie in der benachbarten katholischen Kirche St. Martin.

„Das geht für mich nicht mit Kirche und sakralem Raum überein, dass Leute überwacht werden“, sagt er. Und außerdem müsste jemand permanent die Kamerabilder sichten. Von Einbrüchen „massiv betroffen“ waren in den vergangenen Jahren das protestantische Verwaltungsamt und evangelische Kindertagesstätten in Stadt und Umland, sagt Bergmann. Der Sachschaden sei immer das größte Problem. Glücklicherweise zahle die „Ecclesia“-Versicherung, über die die pfälzische Landeskirche ihre Gebäude versichere, in solchen Fällen.

Auch für die Speyerer Pfarrerin Christine Gölzer sind Einbruchdiebstähle und vor allem Vandalismus „leider mittlerweile durchaus ein Thema.“ Im vergangen Jahr hat ein Einbruch in der auch von Touristen gern besuchten barocken Dreifaltigkeitskirche eine Menge Schaden an Schlössern und Türen angerichtet. Erbeutet worden sei nichts, da alle Spendenkässchen in sehr kurzen Abständen geleert würden.

In mehr als in die moderne Schließanlage will Gölzer aber nicht investieren. „Irgendwie passt das für mich im Moment noch nicht wirklich zusammen: offene Kirche und Videoüberwachung.“ Außerdem schaue die Hausmeisterin jeden Abend, dass alle Türen der Kirche wirklich verschlossen sind. Die „Ecclesia“ hafte leider nicht in allen Fällen, sagt Gölzer. So hätten Diebe das Festzelt zur Wiederindienststellung der Kirche im Lutherjubiläumsjahr 2017 geklaut. Für diesen Schaden habe die Gemeinde selbst aufkommen müssen.

In Lambsheim im Rhein-Pfalz-Kreis ist die Kirche komplett geschlossen, sagt Pfarrer Götz Geburek. Er weiß von vielen Kolleginnen und Kollegen, die aus Angst, es könne etwas passieren, ihre Kirchen nicht öffneten. Bis vor kurzem war Geburek Pfarrer in Homburg. In der saarpfälzischen Stadt sei die Stadtkirche zwar immerhin freitags mit Kirchenführerinnen oder -führern von 11 bis 13 Uhr geöffnet. Das sei aber kein Trost für all jene, die zufällig vorbeikämen, vor geschlossener Tür stünden und dann wegblieben, sagt Geburek.

Das Polizeipräsidium Westpfalz meldet für 2022 fast doppelt so viele Diebstahlsdelikte in „religiösen Einrichtungen und Friedhöfen“ im Einzugsgebiet wie durchschnittlich in den Jahren 2019 bis 2021. Den Schaden durch Diebstähle im Umfeld von Kirchen beziffert das Polizeipräsidium Rheinpfalz in Ludwigshafen für 2022 mit 11.388 Euro. In den allermeisten Fällen werde Grabschmuck gestohlen. Im Bistum Speyer waren im vergangenen Jahr 13 mal Kirchen von Einbrüchen betroffen, dazu kamen 16 Kindertagesstätten, neun Pfarrheime und ein Büro. Die pfälzische Landeskirche konnte auf Anfrage keine Zahlen für 2022 nennen.